Bloßgestellt: Robert Palfrader als "halbbauernschlauer" Bürgermeister (li.), Nicholas Ofczarek als glückloser Landdiskobesitzer: Erste Bilder aus der Serie "Braunschlag".

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David Schalko (Mitte) führt Regie.

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Braunschlag/Wien - "Braunschlag" ist überall. Zum Beispiel vor dem Funkhaus in Wien, Argentinierstraße, 7.30 Uhr. "Journalisten haben vor zwanzig Jahren den Krieg in Jugoslawien gebracht. Davor waren alle ruhig und zufrieden", sagt ein Passant vor dem Shuttlebus, der eine Handvoll Medienarbeiter ins Waldviertel bringt.

Wie bitte? Ist das "versteckte Kamera"? Teil einer spaßigen Gesamtinszenierung des ORF zur Fahrt nach Litschau, dem Set von "Braunschlag" mit Robert Palfrader - frei nach dem Motto "Wir sind Satire"?

Falsch. Der Passant ist echt, und "Braunschlag ist keine Satire, sondern eine schwarzkomödiantische Serie", korrigiert zweieinhalb Autostunden später im Hotel in Litschau Regisseur David Schalko ("Willkommen Österreich").

Der Drehort liegt im tiefsten Waldviertel. Nur wenige Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt, ist es vor allem als Kältepol Österreichs bekannt. Dem Ruf wird der Ort an diesem Vormittag gerecht: 15 Grad schafft das Thermometer, damit fünf Grad weniger als in Wien.

Erfundene Marienerscheinung

"Braunschlag" erzählt die Geschichte einer erfundenen Marienerscheinung, die der Bürgermeister inszeniert, weil er sich unvergessen machen will. "Halbbauernschlau, sehr ehrgeizig, verzweifelt", beschreibt Palfrader seine Figur. Als Bürgermeister schwindelt er sich durch kommunales Dickicht, immer wieder durch Zwischenrufe von "St. Pölten" (in Person: Simon Schwarz) auf Linie gebracht.

"Beide sind allmächtig", zieht Palfrader Parallelen zwischen "Kaiser" und Ortskaiser. Die Rolle schrieb Schalko für ihn im Auftrag des ORF. Der abgelegene Drehort war Wunsch des gebürtigen Waldviertlers, Palfrader als Wahl-Waldviertler stimmte gerne zu. Weil er das große Ziel habe, "bisschen was anderes zu zeigen als nur zu blödeln".

"Ich lege Wert darauf, dass ich meine eigenen Figuren mag", sagt Schalko. Es gehe nicht darum, "Menschen zu denunzieren." Er will eine "authentische Geschichte" erzählen.

Acht Folgen

Acht Folgen zu je 45 Minuten sind veranschlagt, die Geschicke des Bürgermeisters sind Hauptstrang, mehr als zehn weitere ranken sich um das Ensemble: Nicholas Ofczarek als grobschlächtiger Landdiskothekenbesitzer, Maria Hofstätter als empörte Bürgermeistergattin, weiters Nina Proll, Thomas Stipsits, Johannes Krisch, Bibiana Zeller und viele mehr.

"Braunschlag" ist in der Tat überall: Das Drehbuch war längst fertig, als er von einem brasilianischen Bürgermeister las, der eine Marienerscheinung inszenierte, sagt Schalko. "So viel Spaß", hat Palfrader an seiner neuen Rolle, das schlägt sich auf die Stimmung des Teams: Aufgekratzte Schulbubenatmosphäre. Und das obwohl bis zu zwölf Stunden täglich gedreht wird. Da kommt Kritik an der hemischen Filmwirklichkeit auf: Den erhofften Geldregen habe der Oscar-Gewinn dem Film nicht gebracht. "Typisch österreichisch", sagt Ofczarek. "Man sagt einfach: "Ein Oscar, ein paar Nominierungen? Geht ja eh so auch!" Die Auftragslage habe sich verschlechtert. Definitiv kein Setting für Realsatire. (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 25./26.6.2011)