Künstler, Arzt und Zen-Anhänger: Andrei Gheorghius Performance "Der Hirsch", 1994.

Foto: Galerie Mezzanin

Wien - In den Körperaktionen, Filmen und Fotografien von Ion Grigorescu (geb. 1945) hat seine aktuelle Lebensrealität immer eine wichtige Rolle gespielt. Frühe, dezidiert politische Arbeiten wie Electoral Meeting (1974) oder Dialog mit Genosse Ceauºescu (1978) gehörten genauso dazu wie seine Body-Art-Serie (1972-78), in der er im Dialog mit der Kamera die Grenzen von Privatheit und Intimität auslotete.

Dass sich der Künstler nach wie vor für die Alltagsrealität interessiert und diese - ebenso wie die Gegenwartskunst - kritisch zu beleuchten versucht, zeigt sich nun auch in der Galerie Mezzanin: Im Rahmen des Projekts curated by hat er die Arbeiten von Künstlern versammelt, die entweder in Bukarest leben, dort geboren oder irgendwann dorthin gezogen sind.

Zu Letzteren gehört der moldauische Kunsthistoriker Vladimir Bulat, der auf seinem Blog jedoch weiterhin die Zustände in der moldauischen Hauptstadt Chisinau kommentiert: Auf einer Bildtafel sind Menschenschlangen vor der rumänischen Botschaft zu sehen oder auch Märkte, auf denen die triste Wirtschaftslage des Landes unübersehbar ist.

Ebenfalls aus Moldau stammt Ghenadie Popescu, der in seinem Video Navigable Bic ein kleines Schiff durch die Gegend zieht. Sowohl das Schiff als auch sein Anzug sind dabei aus jenem karierten Billigkunststoff gefertigt, den man sofort mit den typischen Tragetaschen osteuropäischer Märkte assoziiert.

Trotz der Tristesse, die man damit automatisch verbindet, entbehrt die Wanderung des skurrilen Nomaden ebenso wenig der Komik wie die Arbeiten von Andrei Gheorghiu, der sich in seinen Performances ebenfalls als "clown critic" (Grigorescu) gebärdet.

Grigorescu ist nach wie vor mehr den einfachen kritischen Mitteln zugetan. Das zeigen in der Ausstellung neben den Arbeiten Paul Gherasims, eines im Rumänien der 1970er- und 1980er-Jahre sehr wichtigen Ausstellungsorganisators und Künstlers, auch die Arbeiten der jüngeren Generation:

Um dem alles dominierenden Industrial Design den Kampf anzusagen, dekoloriert Ovidiu Fenes die einzelnen Bilder seiner Collagen, und Bogdan Vladuta ist aus Protest gegen ein allzu einengendes universitäres System nackt durch die Bukarester Kunstakademie geflitzt. (Christa Benzer/DER STANDARD, Printausgabe, 22./23. 6. 2011)