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Reich verhält sich über hohe Lohnsteuern solidarisch. Doch Arm zahlt über Sozialabgaben und Verbrauchsteuern kräftig mit.

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Grafik: DER STANDARD
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Einkommensteuern und Transferleistungen verteilen um – von Reich zu Arm. Statistisches zu Abgaben und Gerechtigkeit.

Wien – An Umverteilungspotenzial mangelt es in angesichts einer Abgabenquote von mehr als 40 Prozent nicht. Aber wohin fließt das Geld, und wer finanziert den Sozialstaat? Eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) aus dem Jahr 2010 geht diesen Fragen auf den Grund. Die ärmsten zehn Prozent der österreichischen Bevölkerung verfügen demnach über zwei Prozent des gesamten Bruttoeinkommens, die ärmere Hälfte über rund ein Viertel. Dazu zählen neben den Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Arbeit etwa auch Pensionseinkommen.

Nach bezahlten Steuern und Sozialversicherungsabgaben sowie nach Erhalt der monetären Transferleistungen (ohne Sachbezüge wie etwa Gratiskindergarten) verdoppelt sich das Einkommen des ärmsten Zehntels auf vier Prozent, dem reichsten Zehntel des Landes bleiben von 26 Prozent der Bruttoeinkommen 22 Prozent der verfügbaren Einkommen.

Reiht man die Österreicher nach ihrem Bruttoeinkommen von unten nach oben, so steigen die untersten dreißig Prozent nach den Umverteilungswirkungen von einkommensbezogenen Steuern, Sozialabgaben und Transferleistungen besser aus, die übrigen 70 Prozent zahlen mehr ein, als sie erhalten. Der Durchschnittsösterreicher ist also Nettozahler: sein verfügbares Einkommen ist mit 16.490 Euro pro Jahr geringer als sein Brutto von 18.890 Euro (die niedrigen Werte ergeben sich, weil Haushaltseinkommen nach einem Schlüssel auf Ehepartner und Kinder umgelegt werden).

Die untersten zehn Prozent verdienen im Jahr brutto 3304 Euro. Inklusive staatlicher Zuschüsse kommen sie auf ein verfügbares Einkommen von 7052 Euro. Der Anteil der Transferleistungen macht also mehr als die Hälfte ihres Einkommens aus. Gerade in dieser Gruppe sei der Anreiz zu arbeiten – zumindest der monetäre – oft nicht groß genug, weil sich das Einkommen dadurch nicht wirklich verbessern würde, erklärt Studienautorin Sandra Müllbacher vom IHS. Wie sich das Problem lösen lässt? "Eine gewisse Versorgungssicherheit kann und will sich Österreich leisten. So ist zum Beispiel eine Senkung der Transfers nicht unbedingt zielführend", so Müllbacher.

Das Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) testet in seinem letzten Bericht zur staatlichen Umverteilung gleich mehrere Steuertypen auf ihre Verteilungswirkung. Die Lohnsteuer wirkt demnach stark progressiv. So wurden 2005 fast drei Viertel des gesamten Lohnsteueraufkommens vom reichsten Drittel der Unselbstständigenhaushalte geleistet. Grund sind die ungleiche Einkommensverteilung und der mit dem Einkommen steigende Steuersatz.

Unterschiedliche Belastung

Sozialabgaben hingegen haben laut Wifo eine leicht entgegengesetzte Wirkung, belasten also Haushalte mit geringeren Einkommen verhältnismäßig stärker, da die Beitragssätze zwischen Geringfügigkeitsgrenze und Höchstgrundlage konstant sind und darüber ein Pauschalbetrag anfällt. Für mehr als 80 Prozent der Arbeitnehmer übertreffen die Sozialabgaben die tarifliche Lohnsteuerleistung. Das Wifo berücksichtigt außerdem die Verbrauchssteuern, die im unteren Einkommenssegment anteilsmäßig stärker ins Gewicht fallen – und kommt zu dem Schluss, dass gemessen am Bruttoeinkommen alle Haushalte etwa gleich viel ablegen. (Laura Petschnig, DER STANDARD, Printausgabe, 21.6.2011)