Seit zwei Monaten wartet das "Flederhaus" vor dem Museumsquartier in Wien schon darauf, eröffnet zu werden.

Rendering: heri&salli

"So gut wie jetzt hat es überhaupt noch nie ausgeschaut", sagt Josef Saller zuversichtlich und wohlwissend, dass er diesen Gedanken in den letzten Wochen bereits mehrmals hatte. "Wenn der Bescheid da ist, dann können wir das Flederhaus innerhalb von zwei Stunden aufmachen." Es ist ja alles fertig, und die Hängematten warten nur darauf, im offenen Holzhaus vor der U2-Station Museumsquartier montiert zu werden.

Das ursprünglich für Berlin geplante, aber in Wien realisierte "Flederhaus" soll als frei zugänglicher öffentlicher Raum zum urbanen Abhängen und Entspannen einladen. Das mehrstöckige Kunstwerk aus Holz hat weder Fenster noch Türen und präsentiert sich als vertikaler, offener "Mehrwertraum" mit Hängematten, als Oase des sommerlichen Verweilens sozusagen. Das interessante Holzhaus, das das Architektenteam heri&salli in Kooperation mit dem Museumsquartier, Griffner und Binderholz errichten ließ, steht bereits seit April. Eine mögliche Verzögerung der Eröffnung des begehbaren Kunstwerks zeichnete sich aber bereits bei der langwierigen Standortsuche ab.

Blick ins Kataster

Nachdem der eigentliche Gedanke, das Flederhaus in der Grünfläche direkt vor dem Museumsquartier zu errichten, aufgrund der Statik - darunter befinden sich Garagen - nicht möglich war, entschied man sich schließlich für den Platz ganz am Rand des Grünstreifens neben der Mariahilferstraße. "Der Prozess der Platzfindung hat sehr lange, bis Jänner dieses Jahres, gedauert", erinnert sich Saller. "Was wir aber alle etwas vernachlässigt haben, war die Frage, wie es mit Kataster und Einbauten ausschaut."

Es stellte sich nämlich heraus, dass sich direkt unter dem entschiedenen Standort für das Flederhaus nicht nur eine Gasleitung sowie die Ringbewässerung für die Bäume befindet, sondern auch die Hauptwasserzufuhrleitung für den ersten Bezirk. "Wenn da was passiert wäre, dann hätte der ganze erste Bezirk kein Wasser gehabt." Also wurden diesbezüglich einige Gutachten notwendig, die in der Zeitplanung nicht berücksichtigt waren.

Wie Wohn- und Betriebsgebäude

Anfang April gab es dann die Bauverhandlung - und hier wurde aber erst das eigentliche Problem klar. "Das Flederhaus ist zwar als temporäres, begehbares Kunstwerk eingereicht worden, aber da sind Hängematten drinnen. Und Hängematten sind im Prinzip Aufenthaltsflächen, diese sind wie Wohnraum zu behandeln", erklärt Saller die Vorgehensweise der Baubehörden. "Wir sind also plötzlich mit dem temporären Holzgebäude wie ein vollwertiges Wohn- und Betriebsgebäude behandelt worden", fügt sein Kollege Heribert Wolfmayr hinzu. "Also haben wir alle Auflagen dafür erfüllen müssen, so als würde das Haus anstatt bis Oktober für hundert Jahre hier stehen." Dieser unerwartete Auflagenwulst von 20 Punkten war natürlich nicht bis zur geplanten Eröffnung innerhalb zweier Wochen abzuarbeiten.

Haftung, Brandschutz und Termini

"Es dürfen auch keine Veranstaltungen stattfinden, sonst hätten wir noch zusätzliche Auflagen mit der Veranstaltungsbehörde. Und im Bescheid steht auch, dass das Flederhaus jederzeit abgerissen werden kann, wenn Gefahr in Verzug ist. Zum Beispiel, wenn es einen Wasserschaden geben sollte", so Saller über die notwendigen Zugeständnisse, die das Team aber recht locker nimmt. "Im Prinzip ist es eine Haftungsfrage, wenn was passiert. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit nahezu null ist - man muss das halt definieren."

Auch die erweiterten Auflagen zum Brandschutz für reguläre Wohnhäuser mussten für das Kunstwerk plötzlich erfüllt werden, ein Gutachten nachgereicht werden. Zu guter Letzt nahmen es die Behörden auch mit den verwendeten Termini im Brandschutzgutachten und der Einreichung sehr genau: Bestimmte Wörter, die das Baumaterial betreffen, waren in den Unterlagen nicht ident, auch wenn sie dasselbe bedeuten, und mussten ausgebessert werden. Dadurch verzögerte sich alles neuerlich.

Sehr zuversichtlich

Noch diese Woche aber, so wurde es den beiden Architekten versprochen, sollte der lange erwartete Bescheid der Magistratsabteilung da sein, der erlaubt, das Flederhaus endlich zu eröffnen. "Das Haus, so wie es jetzt dort steht, funktioniert ja so nicht. Es funktioniert erst, wenn es benutzt wird", sagt Wolfmayr. Lange kann es jetzt nicht mehr dauern. Die Geduld und der Optimismus, dass schon in ein paar Tagen neugierige Stadtbewohner die Hängematten ihres Flederhauses nutzen, haben das Architektenduo jedenfalls noch nicht verlassen. (Jasmin Al-Kattib, derStandard.at, 20. Juni 2011)