Eine stolze Parteichefin und ein verliebter Klubobmann: Maria Vassilakou und David Ellensohn sahen bei der Landesversammlung der Wiener Grünen wenig Anlass zur Selbstkritik.

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Wien - Vielleicht lag's ja am sonntäglichen Sonnenschein - Klubobmann David Ellensohn hatte aber eine andere Erklärung dafür parat, warum bei der Landesversammlung der Wiener Grünen so viele Sessel leer geblieben waren: "Wir arbeiten so viel, da müssen sich offensichtlich ein paar den Sonntag freinehmen, um Kraft für die Woche zu haben." Daher würden die Grünen auf ihren Koalitionspartner, die SP, deutlich mehr abfärben als umgekehrt, sagte Ellensohn, und auch sonst fiel die grüne Bilanz bei der ersten Landesversammlung seit der Unterzeichnung des Koalitionspaktes im Herbst 2010 durch und durch positiv aus.

Vizebürgermeisterin und Parteichefin Maria Vassilakou bedankte sich für den Rückhalt, den sie von der Landes- und den Bezirksparteien spüre, dieser ermögliche es den Grünen, "für eine politische Kultur zu stehen, die nicht von Wadlbeißerei geprägt ist". All jenen, die vor der Wahl gemeint hätten, Grün tue der Stadt nicht gut, habe man nach einem halben Jahr Regierungsbeteiligung das Gegenteil bewiesen, glaubt die Vizebürgermeisterin: "Die Autos fahren immer noch, der Steffl steht noch dort, wo er war." Dafür steige der Radfahreranteil, die Zahl der Anträge auf Förderungen von Solaranlagen, man habe erste Schritte zur Verkehrsberuhigung auf der Mariahilfer Straße unternommen, und ab kommendem Sommer werde es WLan auf der Donauinsel geben.

Es geht nicht schnell genug

"Ist das genug? Geht es schnell genug?", fragte Vassilakou ihre Parteifreunde, worauf dort und da ein Nein zu hören war - und das sieht auch Vassilakou so, die für die kommenden Monate einige Kontroversen prophezeite. Dennoch ist sie "unglaublich stolz" auf ihre Landespartei.

Es lag an Klubobmann Ellensohn, die heikleren rot-grünen Themen anzusprechen, etwa die Reform der Öffi-Tarife, dank der die Jahreskarte "100 pro fix" günstiger werden soll; und auch das extrem mehrheitsfördernde Wiener Wahlrecht werde bei der nächsten Wahl 2015 nicht mehr geben. Weiter protestieren wollen die Grünen auch gegen den Bau einer Tiefgarage unter dem Gymnasium Geblergasse in Hernals, den die SP befürwortet. Insgesamt habe man in Wien aber bewiesen, dass eine Koalition auch "ohne Wickel und Spektakel" arbeiten könne. Und abgesehen von kleineren Ungereimtheiten hat Ellensohn die SP "ganz lieb". (Andrea Heigl, STANDARD-Printausgabe, 20.6.2011)