Wien/Karlsruhe - Die deutsche Bundesanwaltschaft in Karlsruhe sieht nach der Festnahme eines zum Islam konvertierten Österreichers keine ernsthaften Hinweise auf einen geplanten Terrorangriff auf den Berliner Reichstag. "Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für konkrete Vorbereitungen eines Anschlags in Deutschland", sagte ein Sprecher der Behörde der Nachrichtenagentur dpa am Samstag. Die "Kronen-Zeitung" (Samstagsausgabe) hatte zuvor berichtet, der terrorverdächtige 25-Jährige habe einen voll besetzten Passagierjet in den Sitz des deutschen Bundestags steuern wollen.

Die deutsche Bundesanwaltschaft sieht zudem auch bereits "keine strafrechtlich relevanten Zusammenhänge" zwischen dem deutschen und dem österreichischen Terrorverdächtigen, die kürzlich in Österreich gefasst wurden. Aus dem Wiener Innenministerium hieß es am Samstag auf APA-Anfrage, es habe zwischen den beiden Männern zwar "ein Kontakt bestanden", diesen könne man aber "noch nicht bewerten", da die Einvernahmen noch liefen. Der zum Islam konvertierte 25-jährige Österreicher war am Mittwoch auf dem Flughafen Wien-Schwechat festgenommen worden, der 26-jährige deutsch-türkische Islamist bereits am 31. Mai in Wien.

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Im November 2010 hatten die deutschen Sicherheitsbehörden Hinweise darauf, dass Islamisten einen Anschlag auf den Reichstag ins Auge gefasst haben könnten. Daraufhin waren die Sicherheitsmaßnahmen am Parlamentsgebäude deutlich erhöht worden.

Nach Informationen der "Berliner Morgenpost" (Samstagsausgabe) trat der Deutsch-Türke Yusuf O. in mehreren Propagandavideos als vermummter Gotteskrieger auf. Im September 2009 habe er konkret mit Anschlägen in deutschen Großstädten gedroht, sollte die deutsche Bundeswehr den Afghanistan-Einsatz nicht beenden. Zuvor - im Frühjahr 2009 - sei er nach Pakistan gereist, wo er sich im Grenzgebiet zu Afghanistan der Terrorgruppe "Deutsche Taliban Mudschahedin" (DTM) angeschlossen habe, heißt es in dem Bericht. In Berlin wiederum wurde Mitte Mai der 21-jährige Österreicher Maqsood L. gefasst, der ebenfalls der DTM zugerechnet wird. Er soll versucht haben, Mitstreiter für den militanten Jihad zu gewinnen. Gegen ihn erging inzwischen Haftbefehl.

Die "Deutschen Taliban Mudschahedin" wollen in Afghanistan eine religiös-fundamentalistische Gesellschaftsordnung errichten. Sie verüben laut Bundesanwaltschaft Anschläge auf afghanische und pakistanische Regierungstruppen und auch auf Mitglieder der internationalen NATO-Schutztruppe ISAF. Wegen der Beteiligung der Bundeswehr an dem Militäreinsatz der NATO ist auch Deutschland ins Visier der Gruppe geraten. (APA)