"Wer den akustischen Raum beherrscht, beherrscht die Gesellschaft" - so die grundlegende These der zweitägigen Diskussionsrunde Hören und Gehorchen in Linz. Komponist Peter Androsch hat sich mit seinem im Kulturhauptstadtjahr 2009 verfassten akustischen Manifest bereits mit den Strukturen und Auswirkungen permanenter Beschallung auseinandergesetzt und gezeigt, wie gesellschaftspolitisch wirksam Akustik in Architektur und Stadtplanung verankert ist. Seither arbeitet er mit seinem Team, darunter die Musiker und Künstler Anatol Bogendorfer und Florian Sedmak, an der Vermittlung der Notwendigkeit, auf akustische Fragen besondere Rücksicht zu nehmen.

"Lärmschutz", wie er derzeit praktiziert wird, sei nur eine auf den ersten Blick sinnvolle Maßnahme, so Peter Androsch. Lärmdämmende Einbauten in Schulen, vor allem Sonderschulen, erweisen sich auf den zweiten Blick sogar als diskriminierend: Blinde und sehbehinderte Schüler könnten sich dadurch im Raum nicht mehr ausreichend orientieren. Die deutsche Physikerin Kerstin Giering drückt die politische Sprengkraft der aktuellen Lärmdiskussion nüchtern aus: Sie rechnet die Wertminderung von Immobilien in lärmgeplagten Gegenden vor, ebenso die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Lärmbelastung. Ständiger Lärm wirke sich auch auf den Spracherwerb aus, so Androsch. Kindern, die in einer wenig differenzierbaren akustischen Geräuschsituation aufwachsen, falle es bedeutend schwerer, Sprache zu erwerben.

Vor allem autoritäre Systeme haben die Disziplinierung von Untertanen via Beschallung immer wieder perfektioniert. Diese Facetten akustischer Machtfragen werden unter anderem Peter Androsch und Florian Sedmak erläutern. Der Berliner Kulturwissenschafter Thomas Macho spricht über "Die Stimme des Befehls", Konrad Paul Liessmann über "akustische Herrschaftsformen im öffentlichen Raum." (wkh/ DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.6.2011)