Wien - Ein ehemaliger Polizeibeamter ist am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht wegen Amtsmissbrauchs zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Eigentlich sei der 35-Jährige ein "Musterpolizist" gewesen, meinte Verteidiger Werner Tomanek: "Während von Streifenpolizisten 20 bis 30 Organmandate pro Jahr erwartet werden, hat er ständig Leute aufgehalten und 600 Organmandate in zwei Jahren gebracht."

Der Haken an der Sache: Es war höchstpersönliches Eigeninteresse, das den Beamten antrieb. Denn er war derart verschuldet, dass er seiner Darstellung zufolge keine andere Möglichkeit sah, als Männer und Frauen reihenweise wegen Verwaltungsübertretungen abzustrafen und den Großteil der einkassierten Beträge für sich zu verwenden. "Ich hab' das Geld schnell gebraucht für Lebensmittel. Ich hab' mit dem Geld das Essen nach Hause gebracht", verriet der Angeklagte einem Schöffensenat (Vorsitz: Karlheinz Seewald).

Verteidiger gibt Lebensgefährtin Teilschuld

"Wie so oft steht eine Frau dahinter", bedauerte der Verteidiger die in finanzieller Hinsicht desaströse Situation seines Mandanten, der einen Kredit von 250.000 Euro offen hat und bis aufs Existenzminimum gepfändet wird. Vor dreieinhalb Jahren war der Mann eine Lebensgemeinschaft mit einer Polizistin eingegangen, die alsbald den Wunsch nach einem Eigenheim äußerte. "Das angebliche Traumhaus war eher Hinterholz 8", berichtete der Angeklagte. Als man es beziehen wollte, sei es nur halbfertig gewesen und habe weitere 160.000 Euro verschlungen.

Als die Frau Kinder bekam, gab sie ihren Beruf auf und ließ dem Angeklagten zufolge einem bis daher nur schlummernden Durst nach einem Leben in Luxus freien Lauf. "Sobald ich nach Hause gekommen bin, hat ein Bagger wieder ein Loch für einen Swimmingpool angelegt, obwohl wir bereits einen hatten. Ein Hund hat nicht genügt. Wir hatten drei. Die sind nicht mit Hundefutter, sondern mit Schweinebraten gefüttert worden", erzählte der 35-Jährige.

220 Überstunden im Monat

Er sei mit dem Geldverdienen nicht mehr nachgekommen, um all die Rechnungen zu bezahlen: "Ich hab' eh schon 220 Überstunden im Monat gemacht. Mehr ist nicht mehr gegangen." Da sei er auf "den Blödsinn mit den Organmandaten" gekommen: "Es hat bei der Polizei schon einmal so einen Fall gegeben. Ich habe davon gehört. So ist die Idee geboren worden."

Rund 20.000 Euro brachten dem Beamten seine Verfehlungen ein, ehe er im Mai 2010 aufflog. Da ihm klar war, dass er damit im Polizeidienst untragbar geworden war und er spätestens im Disziplinarverfahren sein Amt verlieren würde, quittierte er von sich aus den Dienst. Mittlerweile arbeitet er um monatlich 1.100 Euro als Lagerarbeiter. Allein die Unterhaltszahlungen für seine insgesamt drei Kinder machen 900 Euro aus. Seine Freundin hat ihn auch längst verlassen. "Ich hab' wirklich alles verloren", bemerkte der Mann abschließend.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Während der 35-Jährige die Strafe akzeptierte, gab die Staatsanwältin vorerst keine Erklärung ab. (APA)