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Breitbandherbizide wie Roundup vernichten alles, was nicht resistent ist gegen das Mittel

Foto: Corbis

Wien - Unkraut vergeht nicht, heißt es im Volksmund. Unter Zuhilfenahme von Pestiziden aber schon, sollte man der Vollständigkeit halber hinzufügen. Totalherbizide aus den Labors der internationalen Chemiekonzerne, die das hartnäckigste Unkraut zum Verdorren bringen, haben Hochkonjunktur. Seit mehrere Studien Zweifel an der Unbedenklichkeit dieser Mittel aufkommen lassen, gibt es Gegenwind.

Im Mittelpunkt der Kritik steht Glyphosat. Vom internationalen Saatguthersteller Monsanto wird das Spritzmittel unter dem Markennamen Roundup auch in Österreich vertrieben. Dabei handelt es sich um ein Breitbandherbizid, das über grüne Pflanzenteile aufgenommen und hauptsächlich gegen Unkräuter im Acker-, Wein- und Obstbau, auf Wiesen, Rasenflächen sowie im Garten verwendet wird. Es ist das meistverkaufte Herbizid weltweit - ein Milliardengeschäft.

Fehlgeburten, Missbildungen

Eine Studie des Naturschutzbundes Deutschland e. V. (Nabu) belegt nun aber die großen Risiken für die Umwelt und damit auch die Gesundheitsgefahren für den Menschen. "Der Wirkstoff Glyphosat und seine Abbauprodukte sind toxisch für viele Produkte und verseuchen Gewässerökosysteme", sagte Steffi Ober, Nabu-Expertin für Agrogentechnik, dem Standard. Die Bevölkerung in betroffenen Regionen leide vermehrt an Fehlgeburten, Missbildungen und Krebserkrankungen. Das sehe man insbesondere dort, wo Glyphosat in großem Stil aus Flugzeugen versprüht werde, etwa in Argentinien und Brasilien.

Für Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen, ist keine Zeit mehr zu verlieren: "Ich fordere Gesundheitsminister Gerhard Stöger und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich auf, sofort aktiv zu werden und die Zulassung dieser Pestizide auszusetzen, um eine aktuelle Sicherheitsüberprüfung auf Basis der neuen Studien zu veranlassen." Noch vor der parlamentarischen Sommerpause wollen die Grünen einen entsprechenden Antrag einbringen.

Im steirischen Landtag haben die dortigen Grünen in der Vorwoche einen Antrag gestellt, in dem sie Auskunft verlangen, welche Mengen des Wirkstoffs Glyphosat in der grünen Mark in den letzten fünf Jahren in Verkehr gebracht und welche Mengen im Ackerbau ausgebracht wurden. Zudem verlangen sie, dass im Sinne des Vorsorgeprinzips Glyphosat zumindest bis zur endgültigen Klärung der offenen Fragen verboten wird.

"Bei Pflanzenschutz ist es kompliziert", sagte Lampert Schönleitner, einer der Unterzeichner des Antrags und ausgebildeter Gärtner. "Dafür ist eigentlich der Bund zuständig, die Ausführung liegt bei den Ländern. Wenn wie bei Roundup jetzt neue Fakten vorliegen, könnten die Länder von sich aus das Mittel verbieten."

In der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Ages) wiegelt man ab: Die Stichhaltigkeit der Studien sei nicht so, als dass ein Verbot zu rechtfertigen sei.

Weniger Diskussion als in Deutschland und Österreich gibt es in der Schweiz. "Bei uns ist die Lage etwas anders. Landwirte, die Direktzahlungen vom Bund wollen, müssen die Fruchtfolgen einhalten und dürfen gewisse Substanzen nur zurückhaltend einsetzen", sagte Bernadette Oehne vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl). "Das wird großteils gemacht."

In Österreich wurden 2008 rund 490 Tonnen Glyphosat in Umlauf gebracht. Zum Vergleich: 1999 waren es erst 112 Tonnen. Zumindest aus den Baumärkten sollte das Mittel verschwinden, fordert der Grüne Pirklhuber. (stro, DER STANDARD Printausgabe, 16.6.2011)