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VfGH-Chef Holzinger: Urteil über Bankenprotest.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Der Auftakt erinnert an eine Messe. Ehrfürchtig erhebt sich das Publikum, als die Zeremonienmeister in langen Roben einmarschieren. Doch die Wandteppiche zeigen keine Kreuzigungsszenen, sondern Motive der römischen Rechtsgeschichte. Der Verfassungsgerichtshof hat zu einer öffentlichen Verhandlung geladen.

Am Programm steht das letzte Gefecht um das Sanierungsprogramm der Regierung. Politisch sind Sparpaket und Steuererhöhungen besiegelt, nun werden juristische Geschütze aufgefahren. Geklagt haben 14 Banken. Sie wehren sich gegen die neue Form der Kapitalertragssteuer, die für Wertpapiere das einführt, was für Sparbuchzinsen prinzipiell seit langem gilt: Auf realisierte Gewinne sind 25 Prozent Steuer fällig.

Einheben und abführen müssen den Obolus die Kreditinstitute - womit sich diese überfordert fühlen. "Überfallsartig" und damit in verfassungswidriger Weise werde die neue Steuer eingeführt, klagt Bankenanwalt Stephan Denk, der seine Krawatte auf die violetten Krägen der Richtertalare abgestimmt hat. Daran ändere auch nichts, dass die Regierung den Start aus Rücksicht auf den Protest ohnehin um ein halbes Jahr auf April 2011 verschoben hat.

Zu groben EDV-Problemen führe die Einhebung, berichtet Denk: "Das System muss völlig neu geschaffen werden." Außerdem hätten die Banken nicht flächendeckend die Anschaffungskosten von Wertpapieren erfasst - womit sich auch nicht der steuerfällige Gewinn aus Ankauf und Verkauf ausrechnen lassen ließe.

Dieses Argument lässt sich die Gegenseite auf der Zunge zergehen. "Die Banken bieten komplexeste Produkte an, können sich aber die Anschaffungskosten nicht merken" , rekapituliert Gunter Mayr vom Finanzministerium und zückt eine Depotinfo, die "leider" - weil es sich um abgestürzte Immofinanz-Aktien handle - seine eigene sei. Präzise seien da die Kosten ausgewiesen: "Sie behaupten, etwas nicht zu können, was jeder Gemüsehändler amNaschmarkt kann."

Ebenso umstritten sind die finanziellen Bedenken der Kläger. Die Banken veranschlagen die Einhebungskosten mit einmalig 261 Millionen plus 55 Millionen jährlich - was gegenüber dem erwarteten Erlös (maximal 250 Millionen) unverhältnismäßig sei. Das Ministerium spricht von höchstens 100 Millionen plus 20 Millionen - ein "Bruchteil" dessen, was Banken Kunden sonst an Gebühren verrechneten.

Ihre Entscheidung werden die 13 Verfassungsrichter hinter verschlossenen Türen fällen. Für Arbeitsnachschub ist gesorgt: Auch Kärnten und Vorarlberg haben gegen das Sparpaket geklagt. (Gerald John, DER STANDARD; Printausgabe, 16.6.2011)