Wien - Die Nationalratssitzung am Mittwoch fand ohne Gesetzesbeschluss statt. Stattdessen haben Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) Erklärungen zu ihren Vorhaben abgeben. Das BZÖ machte die Griechenland-Hilfe unter dem Titel "Zahlungsstopp jetzt - genug gezahlt für marode Banken und bankrotte Euroländer" zum Thema der "Aktuellen Stunde". (siehe derStandard.at/Wirtschaft)

Die Erklärungen der Regierungsspitze drehten sich um die kürzlich abgehaltene Regierungsklausur unter dem Motto "Österreich weiterbringen". Auf der Tagesordnung finden sich weiters Dutzende Anträge von Grünen, Freiheitlichen und BZÖ aus dem Sozialbereich, von einer Aufwertung des sozialen Jahres über eine Abschaffung freier Dienstverträge bis hin zu einer sechsten Urlaubswoche ab dem 40. Lebensjahr.

"Schalmeientöne"

Zur Rede von Faymann und Spindelegger hagelte es Kritik der Opposition. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache glaubt, dass beim koalitionären Arbeitstempo vielleicht einmal vier Punkte bis 2013 durchgebracht werden, Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig alterierte sich über die "Schalmeientöne" der Regierung und BZÖ-Obmann Josef Bucher meinte, SPÖ und ÖVP seien am Semmering von einem Schlafwagen in den nächsten umgestiegen.

Faymann und Spindelegger wiederum hoben jene Punkte hervor, die bis zum Ende der Legislaturperiode noch umgesetzt werden sollen. Der Kanzler würdigte die Initiative zum Ausbau der Kinderbetreuungsplätze ebenso wie die Investitionen in die Neue Mittelschule sowie in Forschung und Entwicklung. Ferner mit Vorfreude erfüllt den SPÖ-Chef, dass Österreich 2015 atomstromfrei sein soll und 2050 energieautark. Bestätigt fühlt sich Faymann durch den gestern publizierten Bericht des Internationalen Währungsfonds, der die prompte politische Reaktion auf die internationale Finanzkrise gelobt habe.

Vizekanzler Spindelegger freut sich darauf, dass die Regierungspläne bessere Chancen für junge Menschen in der Zukunft bringen werden, alleine dadurch, dass künftig auf die Defizite der Schüler besser eingegangen werde. Weiters gelobt wurden vom VP-Obmann der nationale Integrationsplan, der fortgeführt werden solle, sowie der Schwerpunkt Familien- und Kinderrechte. Bei der Transparenzdatenbank seien die Verhandlungen schon weit gediehen und auch bei den Landesverwaltungsgerichtshöfen werden man sich zu den letzten Schritten durchringen. Insgesamt sei das am Semmering Geschaffene ein "durchaus vorzeigbares Projekt der Bundesregierung".

Kritik wegen Griechenland-Hilfe

Dieser Ansicht widersprach die Opposition vehement. Für Strache hat die Koalition bei ihrer Klausur Anfang Juni nichts anderes gemacht, als neuerlich die Regierungsprogramme von 2006 und 2008 festzuschreiben. Arbeitstätigkeit sei bei der Regierung ohnehin nicht vorhanden. Stattdessen seien schon bis jetzt acht Milliarden an Steuergeld in der Ägäis versenkt worden, die man besser für Notwendigkeiten in Österreich verwendet hätte. Diese Regierung helfe aber lieber, ein "falsches System künstlich am Leben zu halten".

Glawischnig fragte sich, wo denn die Regierung ihre schon längst angekündigten Reformen etwa in der Verwaltung, bei der Wehrpflicht oder den Pensionen verstecke. Sogar das Anti-Korruptionspaket habe man am Semmering in den Herbst verschoben. Immer wieder kämen stattdessen Schalmeientöne, und dann werde wie in dieser Plenarwoche ein Gesetz an zwei Sitzungstagen beschlossen. Beim Arbeitseifer der Regierung würde auch ein einziges Plenum pro Halbjahr reichen, die "komplette Arbeitsverweigerung" sei mittlerweile ein echtes Armutszeugnis.

"Stillstand pur"

Eine "Verlängerung des Stillstands pur" ortete BZÖ-Chef Bucher angesichts des Vortrags der Koalitionsspitze. Das Arbeitsprogramm sei ein "Recycling alter Hüte". Es gebe nur Ansagen, aber keine Taten. Von der Abschaffung der Wehrpflicht sei schon keine Rede mehr. Nicht einmal das Volk dürfe befragt werden, ärgerte sich Bucher über den "verklemmten" Stil der Regierung. Vermisst wird vom BZÖ-Obmann auch die von Finanzministerin Maria Fekter (V) avisierte Steuerreform. Auch die sei in die kommende Legislaturperiode verschoben worden. Da gehe sie aber Fekter nichts mehr an, werde die ÖVP doch dann sicher nicht mehr am Regierungstisch sitzen.

Die Klubobmänner der Koalition wussten nicht so recht, wovon die Opposition so sprach. "Wahrheit ist das keine", urteilte VP-Fraktionschef Karlheinz Kopf und verwies auf schon vollzogene Steuerreform, den Ausbau der Kinderbetreuungsquote, 1.000 Polizisten mehr, die Förderung der thermischen Gebäudesanierung, die Spitzenreiterposition beim Einsatz erneuerbarer Energien und ein Paket gegen Missbrauch beim Asylrecht: "Stillstand schaut anders aus."

"Kaputte Rechencomputer"

SP-Klubchef Josef Cap nahm sich vor allem die SPÖ zur Brust. Man habe schon zwei kaputte Rechencomputer, nachdem man versucht habe, die Vorschläge der Freiheitlichen durchzurechnen. Steuerquote und Schulden senken und gleichzeitig Abermilliarden ausgeben - das werde nicht funktionieren. Und dass man Schulden gemacht habe, sei einem Durchtauchen der Wirtschaftskrise geschuldet gewesen. Das Ergebnis sei, dass man nun eine geringere Arbeitslosigkeit als im FP-Vorbildland Schweiz und auch ein höheres Wachstum habe.

Begleitet war die Debatte auch von ein wenig Aktionismus. Die Freiheitlichen hoben während der Faymann-Rede Schilder mit dem Text "Unser Geld für unsere Leut'", und auf der Galerie wurde von Unbekannten ein Transparent "Artikel 7 ist unser Recht" geschwenkt. Der Artikel 7 regelt im Staatsvertrag unter anderem das Aufstellen zweisprachiger Ortstafeln.

Der einzige Gesetzesbeschluss im Juni-Plenum betrifft eine Wahlrechtsreform am Donnerstag. (APA)