Screenshot von der Facebook-Page der Spar Österreich AG: Freude über Mistkübeln in Weiz.

Screenshot: derStandard.at

Infografik: Präsenz österreichischer Großunternehmen in Social Media.

Grafik: Meta Communication

"Gefällt mir" bzw. "Like", "Follower" und "Daumen hoch": Die heimischen Unternehmen sind bemüht, immer mehr dieser Gefallensbekundungen zu sammeln. Eine wachsende Anzahl an Auftritten in den diversen "Social Media"-Kanälen Facebook, Twitter, YouTube & Co. zeugt davon.

Red Bull ist top

Wieviele Menschen von den Konzernen dort tatsächlich erreicht werden, versucht man bei Meta Communication zu messen. Laut der aktuellsten, noch unveröffentlichten dritten Auflage der Reichweiten-Studie "Präsenz österreichischer Großunternehmen in Social Media" ist der absolute Platzhirsch weiterhin - und wohl noch für längere Zeit - die Red Bull GmbH, die seit 8. Juni mehr als 20 Millionen "Fans" auf Facebook und damit mehr als zehn Mal so viele wie die anderen 29 Unternehmen der Analyse zusammen (!) zählen kann.

Als einziges weiteres Unternehmen überspringt noch Swarovski die Millionen-Grenze, danach folgt die Rewe Group mit 340.000. Alles andere bewegt sich unter 100.000, meist auch unter 10.000 "Fans" auf Facebook.

Nur geringfügig anders sieht die Sache aus, wenn man die gesamte Präsenz der heimischen Unternehmen in Social Media betrachtet. Die Studienautoren haben dafür sämtliche Interaktionen der Unternehmen auf Social-Media-Websites zusammengerechnet: Facebook-Fans, Twitter-Follower, Youtube-Abos und Video-Aufrufe. Red Bull kommt da auf die beeindruckende Zahl von 272,5 Millionen, was in erster Linie an der hohen Zahl an Video-Betrachtungen auf Youtube (252 Mio.) zurückzuführen ist. Mit knapp 1,7 Millionen erreichten Usern liegt auch hier Swarovski auf Platz zwei, gefolgt allerdings von der A1 Telekom Austria mit 817.337.

"Social Media haben sich mittlerweile in der Kommunikation der österr. Großunternehmen etabliert", schreiben die Studienautoren. Aber bringen die Aktivitäten für die Unternehmen auch etwas?

Strabag twitterte ein Goodbye

Bei der Strabag hat man diese Frage - zumindest was die Präsenz auf Twitter betrifft - schon im Februar bis auf Weiteres mit einem klaren "Nein" beantwortet. Seit August 2009 war die Bauholding auf Twitter aktiv, alle paar Tage wurden - ausschließlich in englischer Sprache - Firmennews getwittert. Im letzten Tweet am 25. Februar dann der Hinweis: Aktuelle Neuigkeiten seien künftig nur noch auf www.strabag.com erhältlich.

Paula Rys von der Kommunikationsabteilung der Strabag erklärt im Gespräch mit derStandard.at, dass es der Strabag "auch sehr gut ohne Social Media" gehe - "weil es für unsere Kunden keinen Unterschied macht, ob wir dort aktiv sind oder nicht". Die Kunden der Strabag seien eben, ganz anders als etwa bei Red Bull, nicht Social-Media-affin.

Der Twitter-Account ruht einstweilen, Rys schließt nicht aus, dass er dereinst wieder aktiviert werden könnte. "Wir beobachten das natürlich weiterhin, und vielleicht ist in ein paar Jahren alles wieder anders."

Vor dem Abschied aus Twitter - die Strabag hatte und hat dort immer noch rund 600 "Follower" - habe man festgestellt, dass "die Interaktion nicht gepasst hat", wie Rys erzählt. Man hätte wohl Berater einstellen sollen, die sich der Sache annehmen, doch dafür habe das Budget gefehlt und auch die internen Kapazitäten. Also entschied man: "Wir lassen das beiseite."

Facebook verdrängt den Rest

Ohnehin spielt Facebook, so die Studienautoren von Meta Communication, die weitaus wichtigere Rolle. "Waren bei unserer ersten Erhebung im März 2010 die Facebook-Seiten der Unternehmen noch häufig fremdinitiiert, so hat nun jedes Großunternehmen seinen unternehmens-initiierten, professionellen Facebook-Auftritt." Facebook verdränge andere Social Media-Plattformen in der Bedeutung auch zusehends. "Zum Beispiel stellen viele Unternehmen nun auch Videos auf Facebook ein und nicht mehr auf Youtube", so die Studienautoren. Viele Unternehmen würden auf Facebook mittlerweile auch Marketingkonzepte austesten, außerdem Umfragen und Gewinnspiele veranstalten.

So macht es auch die Spar Österreich AG seit September 2009. Auf der Facebook-Seite wird über Angebote informiert, vereinzelt auch Jobanfragen beantwortet. Und nicht ganz Alltägliches kommt einem dort fallweise auch unter: So bedankte sich ein User vor wenigen Tagen dafür, dass im Umfeld einer steirischen Interspar-Filiale ein Mistkübel montiert wurde (siehe Screenshot links).

Twitter-Gewitter

Vom mangelnden Endkunden-Bezug des Facebook-Auftritts lässt sich bei einer Supermarktkette also natürlich nicht sprechen. Mit insgesamt rund 37.000 Usern wird dem Konzern von den Studienautoren Platz 12 in Österreich zugebilligt. Nicole Berkmann, Leiterin der Konzernkommunikation, hat in der Abteilung für Kundenreaktionen genau einen Mitarbeiter, der sich vorrangig um die Social-Media-Aktivitäten kümmert. Falls eine Reaktion gefordert sei, "dann schließen wir uns kurz" - das sei im Einzelfall kein großer Aufwand. Grundsätzlich betrachtet würden die Social-Media-Aktivitäten aber doch einen "erheblichen Arbeitsaufwand" darstellen, vor allem eben in Sachen personeller Ressourcen. Mittelfristig will man bei der Spar AG die Social-Media-Präsenz auch auf neue Beine stellen, konkrete Überlegungen dazu gibt es aber noch nicht.

Online-Beschwerden sammelte die Spar AG zuletzt eher über Twitter als über Facebook ein. Eine Userin mokierte sich Ende Mai über ein "Umbauchaos" in einer Interspar-Filiale, ein anderer User beschwerte sich darüber, dass in einer Kärntner Filiale schon um 17.55 Uhr die Lichter ausgingen, obwohl sich noch Kundschaft im Geschäft aufhielt, und eine Verkäuferin außerdem unfreundlich gewesen sei.

Die Frage, ob sie es für möglich hält, dass diese Beschwerden manchmal auch direkt aus den Zentralen der Konkurrenz getwittert werden, ringt Berkmann zunächst ein Schmunzeln ab, dann sagt sie: "Das ist ja schön, wenn die Ressourcen zur Verfügung stellen müssen, um uns zu beschäftigen."

Informationen "live"

Eher nicht von der Konkurrenz - weil bis dato kaum vorhanden - kommen die Beschwerden, mit denen man sich bei den ÖBB herumschlagen muss. Michael Schacherhofer, bei der Staatsbahn für die Social-Media-Auftritte verantwortlich, räumt ein, dass dem Dialog mit den Kunden auch Grenzen gesetzt sind. Bei Beschwerden oder gar Beschimpfungen wegen Verspätungen könne man sich eben meist bloß entschuldigen. Ansonsten sieht er in Facebook einen "ziemlich guten Kanal, um zu sehen: Warum haben Informationen nicht funktioniert? Man bekommt hier live mit, wo eine bestimmte Person Kontakt zum Unternehmen hatte, und warum sie beispielsweise eine Information nicht bekommen hat." Schacherhofer geht dem nach, leitet die Angelegenheit weiter an die zuständigen Stellen im Unternehmen.

Und wenn sich jemand darüber beschwert, dass der Zugbegleiter einer S-Bahn-Garnitur mit einem Fahrgast nicht besonders höflich umgegangen ist - wie es ein User via Facebook vor kurzem tat? "Dem bin ich nachgegangen", erklärt Schacherhofer. "Wir fragen in so einem Fall nach, welcher Zug es war und wann der Vorfall war, und dann wissen wir auch, welcher Zugbegleiter das war. Aus den Protokollen des Zugbegleiters - denn sobald es einen außerordentlichen Vorfall gab, muss es auch ein Protokoll dazu geben - können wir dann die interne Sichtweise sehen."

Der nachfolgende Prozess werde dann oft nicht öffentlich auf Facebook dargelegt, "weil fallweise auch private Daten wie Adressen benötigt werden, wenn's etwa um Entschädigungszahlungen geht. Das macht man nicht öffentlich auf einer Wall, das passiert dann mit Messages im Hintergrund, oder generell direkt von der zuständigen Stelle im Personenverkehr." Direkte Kontaktstelle in solchen Angelegenheiten sei nämlich natürlich die Personenverkehrs-AG, Schacherhofer ist aber mit seinem zweiköpfigen Team in der ÖBB-Holding angesiedelt und dort direkt dem Vorstand unterstellt.

Gute und weniger gute Privat-Initiativen

Die ÖBB haben auf Facebook laut Zählung von Meta Communication knapp 46.000 "Fans", insgesamt erhoben die Studienautoren fast 270.000 User an Social-Media-Reichweite, was im landesweiten Ranking den 6. Platz bedeutet.

Wie fast alle größeren Unternehmen sieht sich auch die Bahn mit dem Problem konfrontiert, dass neben der "offiziellen" Seite mehrere von Privaten erstellte Facebook-Pages existieren, die manchmal auch gezielt gegen das jeweilige Unternehmen gerichtet sind und wo man sich schon einmal als "Drecksladen" beschimpfen lassen muss. So werden etwa auf "Anti-ÖBB" - früherer Name: "Scheiß-ÖBB" - allerlei Anekdoten gesammelt, die das Management wohl eher nicht so breitgetreten sehen würde.

Manche dieser Privatinitiativen sind aber auch für das Unternehmen sinnvoll: Der Twitter-Account oebb_info sei beispielsweise nicht von den ÖBB (der heißt "unsereOEBB"), sondern von einem Externen geschaffen worden, berichtet Schacherhofer. "Wir wollten schon einmal herausfinden, wer das war, haben das aber wieder aufgegeben, nachdem sich herausstellte: Die Informationen stammen von unserer Website, der Account ruft einfach unseren frei zugänglichen RSS-Kanal ab. Würden wir nun den gleichen Service starten, dann gäb's zwei völlig idente Kanäle, was den Kundennutzen wohl eher schmälern würde." 

Hintergründe und Schulden erklären

Laut Schacherhofer sollen auf der Facebook-Seite der ÖBB künftig auch Marketing-Aktivitäten stattfinden, außerdem will man den Kanal nutzen, um über Vorgänge im Unternehmen aufzuklären. "Wir wollen die Hintergründe des Unternehmens, die Zusammenhänge, wie man sie auch auf fakten.oebb.at sieht, den Kunden näherbringen: Wie laufen diverse Zahlungsflüsse, wie entsteht ein Fahrplan, was ist notwendig, um einen Zug zusammenzustellen?"

Auch bezüglich der immer wieder in der politischen Diskussion vorkommenden Milliarden-Schulden der Staatsbahn will man die Facebook-User laut Schacherhofer besser informieren. "Sind das tatsächlich soundsoviele Milliarden Euro an Schulden, oder sind das nicht vielmehr Infrastruktur-Investitionen, die der Staat tätigt?" Man wird sehen, wievielen Usern das "gefällt". (Martin Putschögl, derStandard.at, 15.6.2011)