Bild nicht mehr verfügbar.

Rapid ist nicht SönderjyskE. Das weiß auch Innenverteidiger Hannes Eder: "Zu den Auswärtsspielen sind wir direkt am Spieltag gefahren. Jeder ist gekommen wie er wollte, der eine in Jeans, der andere im Trainingsanzug."

Foto: APA/Parigger

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Tiroler freut sich sicherlich auch auf einen schönen Sommer in Österreich. Auch wenn Training ist.

Foto: AP/Punz

Wien - "Beim Aufwärmen vor dem Match gegen Kopenhagen hat der Masseur bei der Hösche mitgespielt. Bei einem wichtigen Auswärtsmatch, wo es gegen den Abstieg ging. So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt Hannes Eder und lacht. Es ist kein herzliches, zwerchfellerschütterndes Lachen, sondern ein bitteres, ein zynisches. Der Verteidiger, der noch immer in Diensten von Rapid steht, hat vier Monate "Profifußball" in der dänischen Superliga hinter sich, bei SönderjyskE.

Es war kein Abenteuer, denn der Begriff Abenteuer impliziert etwas Aufregendes, Fesselndes. "Ich habe mir am letzten Tag im Trainingslager eine Zerrung geholt. Anstatt mich zu behandeln, hat der Masseur Gesellschaftsspiele gespielt und sich fünfzehn Bier hinter die Binde gekippt. Der Arzt hatte keine Salben mit, geschweige denn Aspirin oder Schmerztabletten. Die Medikamente mussten wir uns in der Türkei selbst aus der Apotheke holen." Wenn überhaupt ein Arzt da war. Bei Untersuchungen wurden weder Röntgen noch Ultraschall gemacht. Prognosen stellte der Masseur. 

Unterkühltes Haderslev

Haderslev (zu Deutsch: Hadersleben) ist eine 20.000-Einwohnergemeinde und liegt im südlichen Teil der dänischen Halbinsel Jütland. Bis zur deutschen Grenze nach Flensburg sind es nur 60 Kilometer. Am Tag nach dem letzten Meisterschaftsspiel schmiss Hannes Eder seine sieben Sachen ins Auto und fuhr durch bis nach Wien, zu seinem Stammklub. Rapid ist freilich nicht SönderjyskE. Der dänische Dorfklub wurde 2004 gegründet, innerhalb von drei Jahren ist der Verein aus der dritten Liga in die höchste Spielklasse aufgestiegen. Eder: "Es war immer windig und regnerisch. Die Menschen waren eigen. Wenn du in der Früh irgendwo reingekommen bist, hat dir keiner die Hand gegeben. Von zehn Leuten grüßen dich fünf." Bis ins Frühjahr wurde auf Kunstrasen und mit Handschuhen trainiert.

Es war ein Seuchenjahr für den 27-Jährigen Tiroler. Der Tivoli-Horror zum Saison-Auftakt im Sommer, als Rapid gegen Innsbruck 0:4 unterging, soll ihn alle Sympathien bei Ex-Coach Pacult gekostet haben. Im Herbst war Eder nur mehr grün-weißer Reservist. Der Wechsel zu SönderjyskE im Winter ging dann ruckzuck, kurz vor Transferschluss. Rapids Ex-Manager Alfred Hörtnagl hat Druck gemacht, er war froh, dass Eder nicht mehr auf der Hütteldorfer Gehaltsliste stand. Und Eder freute sich, bis er in Dänemark das erste gekürzte Monatsgehalt erhielt, das nicht vertraglich vereinbart war. Dazu kam Anfang April eine Adduktorenentzündung. Der Verein warf ihm vor, dass er bereits verletzt gekommen sei. "Was lächerlich ist, weil ich zu Beginn voll mittrainiert habe, auch im Trainingslager". Dort wurde einmal am Tag geschwitzt. Das könnte man auch lächerlich nennen.

"Alles grau, außer der Schnee"

Eder hat den Verein für seine Unprofessionalität kritisiert, die Strukturen seien auf Drittliga-Niveau. Die Verantwortlichen unterstellten ihm am Ende, dass er nicht zu hundert Prozent hinter SönderjyskE stehe, weil er im Sommer ohnehin gehe. Er hatte aber auch nur einen Leihvertrag. Der Manager des Klubs, Ole Nielsen, wollte sich zur Causa Eder nicht äußern. "Der Verein war einfach angefressen, dass sie mir einen Top-Vertrag gegeben haben und ich dann verletzt war. Wofür ich aber nichts konnte."

Und dann war da noch Michael Hemmingsen, der Trainer von SönderjyskE. Er setzte auf Kick and Rush, forderte seine Verteidiger laut Eder auf, acht von zehn Bällen lang nach vorne zu dreschen. Die Mannschaft hätte einfach keine Qualität für eine andere Spielphilosophie, die Stürmer würden mit den Bällen schon etwas machen. Eder fand es verrückt: "Mir ist immer erklärt worden, man soll so viel wie möglich rausspielen. Das war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Der Trainer hat auch gesagt: Hier ist alles grau, außer der Schnee." Hemmingsen ist übrigens auch schon Geschichte in Haderslev, sein Nachfolger heißt Lars Søndergaard.

Ein Kulturschock

Im Training ging es kumpelhaft zu, es soll oft mehr Schmäh geführt als gekickt worden sein. Auch ein Kulturschock im Vergleich zu Rapid unter Pacult. Der Abgang von PP bei Rapid hätte eleganter sein können, meint Eder, er kann ihm aber kaum etwas vorwerfen. "Als wir erfolgreich waren, hat sich keiner beschwert, als wir verloren haben, war es ein riesiges Problem. Aber er hat mich damals zu Rapid geholt, hat sich auch für eine Vertragsverlängerung von mir eingesetzt. Eine schlechte Meinung kann er von mir nicht gehabt haben."

Die Karriere des Hannes Eder hat also ein Jahr "für den Hugo" erlebt. Das war nicht immer so. Vorher ging es ja auch mal bergauf: Da war der Bundesliga-Aufstieg mit Innsbruck 2004, zwei Spiele im Nationalteam sowie der Bundesliga-Titel 2008. Mit Rapid werden nun Auswege gesucht. Eine Saison steht der Tiroler bei Grün-Weiß noch unter Vertrag, ein Wechsel zu Altach ist nicht zustande gekommen. Seine Heimatstadt Innsbruck ist auch kein Thema, Wacker hat kein Geld. Bei Rapid gibt man sich zugeknöpft, Peter Schöttel plant aber wohl eher nicht mehr mit ihm. Auch eine Schattenseite des Fußballs. Eder weiß Bescheid, die Erfahrung in Dänemark hätte er sich aber sparen können. "Zu den Auswärtsspielen sind wir direkt am Spieltag gefahren. Jeder ist gekommen wie er wollte, der eine in Jeans, der andere im Trainingsanzug. Und etwas Gescheites gegessen wurde vorher gemeinsam auch nicht." (Florian Vetter, derStandard.at, 15.6.2011)