Kamerakind Roland ist auf seine 1994er-VFR bereits über 80.000 Kilometer raufgefahren. Aber gegen einen neuen Crossrunner würde er die alte VFR nun tauschen.
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Der Mario springt vor Freude fast im Sechseck, wenn der nur den Namen
Crossrunner hört und sein Bruder, der Roland, tat seine 750er VFR von
vor der Jahrtausendwende sowieso ungeschaut gegen die Crossrunner
tauschen. Dem Roland würde ich sie sogar jederzeit gönnen, den er mimt
nicht nur oft das Kamerakind, wenn der Graf Foto mit mir zum Arbeiten
aufbricht, sondern hat auch noch das unglaubliche Pech, mir so ähnlich
zu schauen, dass uns viele für Brüder halten.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Den beiden gefällt das Konzept der Mischkulanz, das Honda bei der
Entwicklung der Crossrunner im Hinterkopf hatte. Zum einen schaut sie
aus wie eine große Reise-Enduro, zum anderen ist sie vom Fahrverhalten
aber einer Naked recht ähnlich und spart sich die Stoppelreifen. Grad
dem Kamerakind taugt der V4-Motor, den er ja auch in seiner
Steinzeit-VFR hat.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Im Vergleich zur 1994er-VFR, die übrigens immer noch
rennt wie ein Glöckerl, hat die Crossrunner nun aber 782
Kubikzentimeter, und aus denen holt sie eine Leistung von fast 75 kW,
also 100 PS bei 10.000 Umdrehungen, und schöpft ein Drehmoment von
beinah 71 Newtonmeter bei 9.500 Umdrehungen.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Bei 7000 Umdrehungen schaltet der Motor vom Zwei- auf den
Vierventilbetrieb um - und obwohl sich Honda bemühte, diesen Übergang so
sanft wie nur möglich zu machen, spürt man ihn immer noch. Wie bei
anderen V4-Motoren setzt Honda auch im Crossrunner die variable
Ventilsteuerung ein, um die Durchzugsstärke des Zweiventilers im unteren
und die Leistung des Vierventilers im oberen Drehzahlband abrufen zu
können. Das kommt vor allem dem Einsatz im Alltag sehr entgegen.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Mit dem gleichen Ziel hat Honda die Sitzhöhe der Crossrunner auf
Niederflur gestellt. Es scheint ja ein ungeschriebenes Gesetz zu sein,
dass groß gewachsene Menschen am liebsten Supersportler fahren, hinter
deren Windschild sie nur nach einem Origami-Kurs an der Volkshochschule
Platz finden.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Gleichzeitig sehnen sich kleiner gewachsene Menschen nach
Reise-Enduros, bei denen sie nicht einmal mit dreifach aufgedoppelten
Schuhen eine Chance haben, auf den Boden zu kommen. Ohne Gehsteig, auf
dem sie sich bei einer roten Ampel abstützen können, schaffen es manche
nicht, stehen zu bleiben, ohne gleichzeitig vom Bock zu springen –
denken wir nur an Karin Mairitsch, die da ja besondere Fertigkeiten
entwickelt haben soll.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Natürlich hält sich auch das Kamerakind an dieses ungeschriebene Gesetz
und will jetzt, wo die Crossrunner mit einer Sitzhöhe von 816 Millimeter
die erste Niederflur-Reise-Enduro ist, genau die haben, obwohl er
selbst kaum aufrecht unter einem normalen Türstock durchkommt. Im
Vergleich dazu hat die serienmäßige 1200er GS eine Sitzhöhe von 870
Millimeter, abgesattelt sind es immer noch 850 Millimeter.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Entsprechend spitz ist der Kniewinkel, auf der Crossrunner, vor allem
wenn man über 180 Zentimeter groß ist. Unwürdig ist die Sitzposition
dann aber trotzdem nicht. Diese ist aufrecht, und man hat permanent das
Gefühl, mit einem agilen, frechen Spielzeug unterwegs zu sein. Was mich
dann auch zu ständigen Spielereien, wie dem Aufsammeln von Müll während
der Fahrt, verleitet.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Andere Spielereien, wie einen ausgedehnten Trip im Offroad, sollte man
der Crossrunner aber ersparen. Dafür ist sie wirklich nicht gemacht,
auch wenn sie optisch den Eindruck vermittelt. Das reizt Kamerakind
Roland aber eh nicht, er würde damit, hochanständig, und wie es die
Honda-Designer konzipiert haben, auf Tour gehen und seine täglichen Wege
in die Firma und auf die Uni erledigen.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Stehen dürfte dem Roland die Crossrunner gut, wenn wir davon ausgehen,
dass er mir auch im Leder, mit Helm auf dem Motorrad ähnlich sieht - die
zehn Zentimeter mehr Körpergröße und die zehn Kilogramm weniger
Körperfett fallen ja im Leder nicht so auf. Red ich mir zumindest ein.
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Und vom Fahreindruck liegen zwischen seiner alten VFR und der neuen
Crossrunner ja Welten. Obwohl das Kamerakind darauf schwört, dass seine
VFR trotz über 80.000 gelaufener Kilometer in bestem Zustand ist –
weshalb er sie auch kaum unter 12.990 Euro hergeben würde. Denn das ist
der Preis für die Crossrunner.
Fotos: Wolf-Dieter Grabner
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Honda Crossrunner
Motor: 90° V4-Zylinder-4-Takt-Motor, 16 Ventile, VTEC Hubraum: 782 ccm Leistung: 74,9 kW (100 PS) bei 10.000 U/min Drehmoment: 72,8 Nm bei 9.500 U/min Kraftübertragung: 6 Gänge, Kette Radaufhängung vorne: 43 mm Teleskop-Gabel Radaufhängung hinten: Alu-Einarmschwinge Bremse vorne: Doppelscheibenbremse, Ø 296 mm, 3-Kolben, C-ABS Bremse hinten: Einscheibenbremse, Ø 256 mm, 2-Kolben, C-ABS Reifen vorne: 120/70 R17M/C Reifen hinten: 180/55 R17M/C Gewicht vollgetankt: 240,4 kg Sitzhöhe: 816 mm Preis: ab 12.990 Euro
Foto: Wolf-Dieter Grabner
Fazit:
+ Spannendes Cross-Over-Konzept, das seine Stärken in der Stadt und auf Wochenend-Touren ausspielt
- Groß gewachsene Menschen haben eher das Gefühl auf, statt im Motorrad zu sitzen
Foto: Wolf-Dieter Grabner