Ri, "die Wirbelsäule des Teams": "Hana, dul, sed"

Foto: RiFilme/Stadtkino

Wien - Wenn in gut zwei Wochen die Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft 2011 beginnt, dann wird unter den sechzehn Nationalmannschaften auch jene aus Nordkorea antreten. Anders als viele ihrer Konkurrentinnen agieren deren Spielerinnen dann wohl in einem besonderen Spannungsverhältnis. Schließlich gilt es nicht nur, einen sportlichen Wettkampf erfolgreich auszufechten. Sondern - so formuliert es eine Ex-Fußballerin im Dokumentarfilm Hana, dul, sed - auch darum, dem General eine Freude zu machen, Staatschef Kim Jong-il, der den Aufbau des Frauenfußballs in Nordkorea in den 1990er-Jahren angeblich persönlich initiierte.

Eine gewisse Zeit lang erfüllte jene Mannschaft, um die es in Hana, dul, sed (Eins, zwei, drei) geht, diesen Vorsatz auch ganz hervorragend: Im Jahr 2003 gewann sie den Asia Cup, in der Folge mutierten die Sportlerinnen zu Volksheldinnen. Nach gravierenden Niederlagen - etwa bei der WM-Qualifikation 2004 gegen Japan - erfolgte jedoch das Ende ihrer Karrieren. Und die Sportlerinnen sahen sich außerdem damit konfrontiert, dass ihre Möglichkeiten als Frauen abseits des Spielfelds vergleichsweise traditionellen Vorstellungen unterlagen. "Frauen sind die Blumen des Landes", tönt es nicht von ungefähr schon in der Vorstellungssequenz am Anfang des Films aus einem entsprechend bebilderten Karaoke-Clip.

Die ungewöhnliche - und ungewöhnlich lange - Produktionsgeschichte von Hana, dul, sed erweist sich als entscheidender Vorteil für das Hervortreten solcher Wechselfälle und Widersprüchlichkeiten: Fast zehn Jahre ist es her, dass (Neo-)Regisseurin Brigitte Weich erstmals in Berührung mit dem nordkoreanischen Frauenfußball kam. Der Anlauf bis zum Dokumentarfilm, der in Zusammenarbeit mit Karin Macher entstand, dauerte mehrere Jahre. Und auch der Film selbst erstreckt sich über einen längeren Zeitraum - und er begleitet seinen Protagonistinnen in die Zeit nach ihrer aktiven Laufbahn.

Auf diese Weise erweitert sich der Fokus vom Sportlerinnen-Porträt scheinbar wie von selbst, und man gewinnt ungewöhnliche Einblicke in den Alltag eines streng abgeriegelten, diktatorisch geführten Landes. Zwischen Interviews und Archivmaterial von Matches sind unkommentierte Beobachtungen montiert: von den vielen Menschlein, die unter der Statue des einen Staatsführers ganz klein und nichtig werden; von den allgegenwärtigen Banderolen und Plakaten mit (auch sportlicher) Propaganda; von der Erziehung jüngster Untertanen in der Kinderkrippe. Aber auch vom gemeinsamen Besuch zweier ehemaliger Spielerinnen in einer karg, aber zweckmäßig ausgestatten Frisieranstalt.

Manche Plätze bleiben leer

Was Hana, dul, sed bei all diesen Beobachtungen und Begegnungen ungemein auszeichnet, ist sein aufrichtiges Interesse an und seine unverbrüchliche Integrität gegenüber den Protagonistinnen. Nicht alle Ehemaligen kamen vor die Kamera - der Film findet dafür sehr dezent ein Bild, wenn sich am Ende nur sieben Frauen am Spielfeld für ein Mannschaftsbild formieren. Aber die verbliebenen Protagonistinnen geben in Gesprächen nicht nur Auskunft über ihre sportlichen Erfahrungen und Motivationen. 2010 erhielt das Debüt bei der Diagonale gleich den Preis als bester Dokumentarfilm. Jetzt ergänzt er im Kino auf sinnfällige Weise das kommende Sportgroßevent. (Isabella Reicher, DER STANDARD/Printausgabe 11./12./13.5.2011)