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Andy Warhol hat es bereits vor mehr als 40 Jahren geahnt: "In Zukunft wird jeder für 15 Minuten weltberühmt sein."

Foto: REUTERS/ Stefano Rellandini

Andy Warhol hat es bereits vor mehr als 40 Jahren geahnt: "In Zukunft wird jeder für 15 Minuten weltberühmt sein." Warhols Diktum über die Suche nach Ruhm im Informationszeitalter und seine Flüchtigkeit kam mir in den Sinn, als ich vor einiger Zeit mit zwei Kollegen aus Barcelona und Bergen den globalen Human-Resources-Verantwortlichen von L'Oréal in Paris die Ergebnisse einer Studie über Erwartungen von Studierenden eines europäischen Elite-Masterprogramms (CEMS) an Karriere, Arbeit und Arbeitgeber präsentierte.

Auslöser der Untersuchung waren irritierende Erfahrungen der Recruiter von L'Oréal: Wirtschaftswissenschaftlich bestens ausgebildete Absolventinnen und Absolventen fingen an, bereits im Erstgespräch Fragen nach Work-Life-Balance, Öko-Bilanz und Corporate Social Responsibility u. ä. zu stellen - neben den üblichen Themen wie Entwicklungsmöglichkeiten und Gehalt eine neue Erfahrung und Grund genug für L'Oréal, tiefer graben zu wollen.

Sozialer Anerkennung und Lob

Die Fragebogenuntersuchung und persönlichen Interviews ergaben vielfältige Einsichten. Eine der für mich spannendsten: eine neuartige Suche nach sozialer Anerkennung. Wenn man Menschen fragt, was sie im positiven Sinn von ihrer Arbeit erwarten, dann nennen sie regelmäßig Dinge wie: "Ich möchte von anderen geschätzt werden" oder "Meine Arbeit soll mir Lob einbringen".

Bei den hier Befragten ist das nicht anders. Allerdings kommt noch eine in dieser Deutlichkeit neue Facette hinzu: die Suche nach Rampenlicht. Es geht nicht mehr nur um die soziale Anerkennung des persönlichen Leistungsbeitrags. Die Befragten erwarten - mit üblicherweise aus der Sphäre der Familie stammenden Formulierungen - permanentes Feedback, emotionale Höhepunkte, ein enges Netzwerk von Kolleginnen/Kollegen und: Bewunderung und Verehrung („admiration" und „adoration").

Im Mittelpunkt zu stehen, weil etwas über das Übliche hinausgehende erreicht wurde, etwa durch das Eingehen außerordentlicher Risiken, durch den Erwerb außergewöhnlicher Qualifikationen und das Erbringen von Top-Leistungen, wird zentral.

Exklusivität und Ich-Bezogenheit

Hier klingt mehr an als die normale Suche nach sozialer Belohnung: Exklusivität und Ich-Bezogenheit („it's me"), stark wettbewerbsorientiertes Verhalten mit dem Fokus auf das Erreichen von Top-Positionen („the winner is ...") und der Wunsch nach außergewöhnlicher Sichtbarkeit in den jeweiligen lokalen, aber auch globalen sozialen Netzen.

Und das ist kein Einzelbefund. Andere Analysen durchleuchten ebenfalls die gegenwärtigen Bestrebungen von Individuen und Organisationen zur Herstellung von Grandiosität in der Welt der Arbeit.

„Importing the celebrity culture" als neuer Trend? Das bleibt letztlich abzuwarten. Die Personalverantwortlichen von L'Oréal jedenfalls brüten über Konsequenzen, etwa für die Gestaltung von Rekrutierung, z. B. deutlicheres Herausstellen der sozialen Netze innerhalb des Unternehmens, und die Anreizgestaltung, z. B. Überarbeitung der Elemente des immateriellen Anreizsystems. (Wolfgang Mayrhofer/DER STANDARD; Printausgabe, 11./12./13.6.2011)