Karl-Heinz Kutz (links) und Maik Springmann begutachten die alte Kanone aus dem 16. Jahrhundert, die an der Uni Rostock untersucht wurde.

Foto: ITMZ/Uni Rostoc

Marinetaucher entdeckten in der Ostsee bereits 1985 drei Teile eines bronzenen Kanonenrohres, das sie in der Nähe von Mukran aus zweieinhalb Meter bargen und seither im Rostocker Schifffahrtsmuseum zu besichtigen ist. Nun hat der Historiker und Schiffsarchäologe Maik Springmann die Stücke aus dem 16. Jahrhundert mit der Unterstützung von Spezialisten und modernster Technik untersucht.

Die durch Sandstrahlung freigelegten Initialen des Geschosses deuten darauf, dass es 1551 für den dänischen König Christian den III. gegossen wurde. "Auf der Welt gibt es nur noch etwa 20 solcher Geschütze, die durch Unterwasserfunde ans Tageslicht kamen", sagt Springmann vom Lehrstuhl für Hansegeschichte der Universität Greifswald. Er will mit einer materialtechnischen Analyse eine Aussage über den damaligen Bau der Waffen treffen. Hier kommen die Spezialisten für Werkstoff- und Materialkunde an der Universität Rostock mit ihrer Spezialtechnik zum Einsatz.

Als Spezialisten konnte Springmann für seine anspruchsvollen technischen Untersuchungen Mitarbeiter des Lehrstuhls für Werkzeugtechnik und Archäometrie der Universität Rostock gewinnen. Die entscheidende Bedingung: Die Kanonenrohre durften durch die Untersuchungen nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Christoph Wanner vom Lehrstuhl für Fertigungstechnik der Universität und sein Team haben die Kanone zur dreidimensionalen Darstellung von innen und außen scannen lassen. So wurden die Kaliber und Schussbahnen reproduziert. "Diese Untersuchung wurde nur möglich, weil die Uni Rostock seit kurzem über ein hochmodernes Laserscangerät verfügt", erklärt Karl-Heinz Kutz, Experte für Werkstoffkunde an der Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik der Universität Rostock.

Blick ins Innenleben

Hilfe für die anspruchsvollen analytischen Untersuchungen kam ebenfalls aus der Wirtschaft. An der materialtechnischen Untersuchung beteiligte sich die Firma Jade Entsorgung Rostock. Mit Endoskopie und Videotechnik aus der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt ist das Rohr der Kanone sowie sein Innenleben gefilmt worden. "Wir haben Ausformungen entdeckt, die so bislang noch nirgendwo auf der Welt gefunden wurden", ist Springmann stolz.

Fest steht jetzt auch, dass Kammergeschütze in ihrer Bedienung sehr gefährlich waren und auch explodierten. Damit es dazu möglichst nicht kam, haben die Besatzungen versucht, Unheil mit einem ledernen Dichtring zu verhindern. Überreste eines solchen Ringes wurden durch Peter Leinweber vom Institut für Landnutzung der Universität Rostock untersucht. "Diese Waffe macht den technischen Wandel von der Erfahrung im Waffenbau hin zur Wissenschaft im 16. Jahrhundert sehr deutlich", sagt Springmann. (red)