Die Zukunft des Buches scheint mehr als ungewiss. Wie sieht das Autorenrecht im Internet aus, welche Rolle werden Verlage und Buchhändler haben? Wie viel sind die Leser bereit, für ein E-Book zu zahlen? Wie und wer soll die Digitalisierung von Büchern finanzieren? Fragen, die auf dem internationalen Unesco-Forum "Das Buch von Morgen. Die Zukunft des geschriebenen Worts", das am Mittwoch in Mailand zu Ende ging, ohne Antwort geblieben sind. Die Zukunft des Buches scheint noch nicht digital sein.

160 Verleger, Schriftsteller, Bibliotheksdirektoren und Wissenschafter

Die Antworten der mehr als 160 Verleger, Schriftsteller, Bibliotheksdirektoren und Wissenschafter aus mehr als 35 Ländern bewegten sich im Konditional. Während vor wenigen Jahren das gedruckte Buch schon totgesagt wurde, spricht man heute mehr von Komplementarität zwischen E-Book und Papierbuch. "Die Zukunft des Buches ist nicht digital", sagte der Direktor der Universitätsbibliothek von Harvard, Robert Darnton. Die Zukunft sei komplex und läge irgendwo dazwischen. Mit eindeutigen Zahlen belegte der Historiker seine Vision: "Mit mehr als einer Million Neuerscheinungen im Jahr 2011 ist das gedruckte Buch lebendiger denn je", erklärte er.

Noch leidet die Zukunft des E-Books an technischen Mankos: Inkompatible Dateiformate, unzureichende Lesegeräte. Probleme, die für die Teilnehmer heute keine mehr sind und mittelfristig lösbar. Mit 5 Milliarden Handy-Verbindungen weltweit sieht Santiago de la Mora, Google Book Europa-Chef, die technologische Zukunft im Smartphone. "Für 2011 erwarten wir knapp 50 Prozent mehr Smartphone-Verkäufe", sagte er. Google Book Search bietet derzeit eine Million Titel weltweit online an.

Verleger

Aber wie sieht die Zukunft der Verlagsbranche aus? Die stehe noch in den Sterne, meinte Riccardo Cavallero von Mondadori, des größten Buchverlags Italiens. "Es gibt noch keine Strategie, noch kein Geschäftsmodell", sagte Cavallero. Man sei noch völlig im Ungewissen. Ein handfestes Hindernis gebe es jedoch: Die Mehrwertsteuer von 20 Prozent. "Das E-Book darf nicht so teuer sein wie das gedruckte Buch. Mit unserem Mehrwertsteuersatz manövrieren wir uns angesichts der außereuropäischen Konkurrenz selbst ins Aus", so der Mondadori-Vertreter.

Kopierschutz-Standards, Autorenrechte im Zeitalter des Internets sind auch weiterhin komplexe Probleme. Doch monopolisieren sie nicht mehr die Debatte wie noch vor zwei Jahren. Visionen davon, dass Literatur auch nichtlinear und multimedial sein kann, haben sich ihren Weg gebahnt. "Das E-Book darf keine Kopie des klassischen Buchs sein", meinte Maurizio Serra, der ständige Vertreter Italiens bei der Unesco.

Eine Meinung, die auch Jürgen Boos teilt, der Leiter der Frankfurter Buchmesse. "Nicht die Frage nach der Zukunft des Buches stellt sich, sondern die nach der Form des Erzählens", erklärte der Manager. E-Books müssten nicht nur multimedial vermarktet und vertrieben werden, sondern auch nichtlinear und multimedial geschrieben werden. "Autoren müssen beim Schreiben schon andere Verwertungsformen ihrer Erzählstoffe mitdenken", so der Messeboss.

Die Zukunft des Buches sei noch nicht geschrieben, fasste die Unesco-Direktorin Irina Bokova zum Abschluss des Forums zusammen. Mit dem Traum von der Weltliteratur in der Tasche scheint es noch eine Weile hin zu sein. (Von Sabine Glaubitz/dpa)