Bild nicht mehr verfügbar.

Michael Spindelegger auf der Gratwanderung zwischen Nächsteliebe und Politik.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Auch Frauen dürfen im Ritterbund mitmischen. Links im Bild: Karl Lengheimer, Statthalter in Österreich.

Foto: Fotostudio Wurst Herzogenburg

"Deus lo vult! - Gott will es!"  ist das Leitmotiv des Ritterordens.

Foto: Fotostudio Wurst Herzogenburg

Der Ritterbund hat seine Wurzeln im 14. Jahrhundert.

Foto: Fotostudio Wurst Herzogenburg

Michael Spindelegger, ÖVP-Chef und Vizekanzler, hätte zu Fronleichnam wieder einmal die Möglichkeit sich im elfenbeinweißen Mantel des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem zu zeigen. Seit 2009 ist er Mitglied des Ordens, der sich als humanitäre Organisation versteht und sich der Hilfe von Christen, allen voran den lateinischen Christen im "Heiligen Land" verschrieben hat.

Entstanden aus einem mittelalterlichen Brauchtum im 14. Jahrhundert, wonach adelige Pilger am Heiligen Graben zum Ritter geschlagen wurden, hat der päpstliche Laienorden heute weltweit rund 28.000 Mitglieder. Über 430 leben in Österreich, 50 davon sind Frauen. Sie tragen zu den festlichen Anlässen schwarze Schleier und Mäntel, diese sind genauso wie jene der Herren mit dem roten fünffachen Jerusalemkreuz bestickt. Es soll an die fünf Wundmale Jesu erinnern. Erstmals hat es Godefroy de Bouillon als Wappen geführt.

"Deus lo vult! - Gott will es!"

Bouillon war Anführer des Erstens Kreuzzuges und nach der Eroberung Jerusalems Regent des neu gegründeten Königreiches. "Deus lo vult! - Gott will es!" kann als Motto der Kreuzzüge bezeichnet werden. Noch heute ist es das Leitmotiv des Ritterordens.

"Ab zirka 60 Euro pro Monat ist man dabei", erklärt Karl Lengheimer, Statthalter in Österreich. Neben der finanziellen Zuwendung für das Heilige Land - jährlich erzielt der Orden 250.000 Euro an Spendensummen - wird von seinen Mitgliedern "ein sittsamer und christlicher Lebenswandel" verlangt. Kleine Ausnahme: Wer sich scheiden lässt, darf so lange Mitglied bleiben, bis er sich zu einer neuen Beziehung bekennt.

Nächstenliebe in der Politik

Ritter oder Dame des Heiligen Grabes zu werden, bedeutet heute, überall gewaltfrei und furchtlos für das Reich Christi und die Kirche einzustehen, Nächstenliebe zu üben, aus dem Geist des christlichen Glaubens und der christlichen Liebe zu leben und besonders die Mitchristen im Heiligen Land zu unterstützen.  So heißt es zumindest im Aufnahmeritus. Von einem Ritter, so Chefritter Lengheimer, erwarte er, dass er sich auch wie ein solcher in der Öffentlichkeit benimmt. Ob das mit dem oft durchaus schmutzigen Tagesgeschäft der Politik vereinbar sei? "Das ist sicher nicht immer ganz einfach", so Lengheimer. Insgesamt sei die Politik dazu aufgefordert, etwas gemäßigter zu agieren. Die Ritter selbst wollen keine Politik machen - den Konfliktparteien im "Heiligen Land" stünden sie neutral gegenüber.

Josef Kalina und die Ritter

Dass sie weder als elitär noch geheimbündlerisch gelten wollen, betonten sie bei ihrer Pressekonferenz im Club 4 am Stephansplatz mehrfach. Josef Kalina, einst Parteimanager der SPÖ und heute Inhaber einer PR-Agentur, wurde engagiert, um die Ritter bei ihrem Gang an die Öffentlichkeit zu unterstützen. Bei der Pressekonferenz sind sie ganz unspektakulär in Anzügen erschienen. Lediglich grüne Krawatten mit Jerusalemkreuz-Muster lassen erkennen, dass sie Teil dieser Gemeinschaft sind.

Wer sich im Rahmen einer Investitur, dem "Festakt aller Ordensgeschwister in Österreich und aus dem angrenzenden Ausland" zum Ritter schlagen lassen will, muss zuerst ein Jahr lang als Gast die Veranstaltungen des Ordens besuchen. Taufschein, die kirchliche Heiratsurkunde sowie ein Strafregisterauszug müssen vorgewiesen werden. Wenn dann noch das OK des Kardinal-Großmeisters aus Rom kommt, der vom Papst aus dem Kreis der Kardinäle ernannt wurde, steht der Weihung mit dem Schwert nichts mehr entgegen. Heuer werden 33 Ritter und Damen aufgenommen, "wobei die Frauen nicht geschlagen werden", scherzt ein Ritter am Rande der Pressekonferenz.

Ritter als Entwicklungshelfer

Hierzulande haben die Ritter keinen eigenen Orden im räumlichen Sinne. Sie treffen sich zum Beispiel in Hotels und halten dort ihre Veranstaltungen ab. Für Festakte dürfen sie diverse Kirchen im Land nutzen - im Herbst werden sie etwa im Stephansdom ihre Ritterweihen abhalten.

Peter Stögerer, Vorsitzender der Heiligen-Land-Kommission, erklärt weshalb "Entwicklungshilfe" im Westjordanland so wichtig ist. Eindringlich schildert er etwa den problematischen Umgang von Menschen mit Behinderung. So sei eine Frau gefunden worden, die in einem Hühnerstall angebunden war und gegackert habe wie ein Huhn. Im St. Vinzenz Heim Ain Karim werden Kinder mit Behinderungen, unabhängig von ihrer Konfession betreut.

Ein anderes Projekt widmet sich etwa der Renovierung desolater Wohnungen. "Viele Männer dort werden aggressiv, weil sie arbeitslos sind. Mit der Renovierung ihrer Wohnungen bekommen sie wieder eine sinnstiftende Aufgabe", so Stöger. Hier könne man ebenso wie bei der Ausbildungsförderung in Form von Stipendien sicher stellen, dass die Gelder tatsächlich den Christen zu Gute kommen.

Vom Cartellverband zu den Rittern

Am Rande der Pressekonferenz erzählt er, dass er ebenso wie der Vizekanzler Mitglied des Cartellverbandes sei. Ob man das miteinander vergleichen kann? "Nein, im Cartellverband war ich vor allem in jungen Jahren noch sehr aktiv. Der Ritterorden ist etwas ganz anderes", sagt Stögerer.

Neben Spindelegger haben sich auch andere bekannte Persönlichkeiten dem Orden verschrieben. So Ludwig Scharinger, Generaldirektor der Raiffeisen Bankengruppe Oberösterreich, Walter Rechberger, Vorstand des Instituts für Zivilverfahrensrecht am Wiener Juridicum, Peter Prokopp, Chef der Gewusst Wie-Drogerienkette und Ex-Landeshauptmann Herwig Van Staa. Aber auch Geistliche wie etwa Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof Alois Kothgasser Dompfarrer Anton Faber oder Maximilian Fürnsinn, Probst des Stiftes Herzogenburg sind Mitglied des päpstlichen Laienordens. Kothgasser ist Großprior und somit so etwas wie der geistliche Chef des Ordens. Insgesamt sind lediglich zehn Prozent des Ordens geistlich. (burg/derStandard.at, 7. Juni 2011)