"Es wurde immer in der Küche musiziert, und da sind auch die Roma-Leute gekommen, haben ihre eigene Musik gemacht oder mitgespielt. Das hat mich sehr geprägt", erzählt !DelaDap Mastermind Stani Vana.

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Am 16. Juni präsentieren !DelaDap als Vorbote zu ihrem im Herbst erscheinenden vierten Album ihre EP "Gipsy Kicks" im Ost Klub in Wien.

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"Es ist einfach fabelhaft und weltweit einzigartig, wie Roma-Leute Musik machen. Ich bin absolut begeistert von der Musikalität der Leute als Solo-Instrumentalisten und der Gewalt, wenn sie zusammen spielen - auch wenn es leiert", schildert Stani Vana seine Faszination an der Roma-Kultur. "Sie haben einfach in allen Ländern, die sie durchzogen haben, Musik hinterlassen. Zum Beispiel den Flamenco in Spanien oder den Csardas in Ungarn."

Club-tauglicher Gypsy-Sound

Als Kopf der Wiener Formation !DelaDap hat sich der aus Prag stammende DJ und Musikproduzent voll und ganz auf den Gypsy-Sound eingestellt. Seit nunmehr neun Jahren vermischt er die mal fröhlichen, mal traurigen, aber immer geheimnisvollen Roma-Melodien mit Drumbeats und Synthies zu tanzbarer Club-Musik. Nach einer langen musikalischen Suche in den verschiedensten Stilen wie Hardcore, Punk und Electro hat Stani Vana - zumindest vorerst - seinen ganz eigenen Stil gefunden: den Urban Gypsy Sound. Als er mit dem Projekt startete, war er einer der ersten in der heute selbstverständlichen Balkan-Szene in Wien. "Ich habe das einfach total spannend gefunden, diese exotischen Nachbarn präsent zu machen."

Tür an Tür mit Roma

Schon sehr früh kam Stani Vana in Kontakt mit der Musik der Roma. Als er viereinhalb Jahre alt war, wurde er zu seiner Tante in die Slowakei geschickt. "Als die Russen im Jahr 1968 nach Prag gekommen sind, wurde das Leben für meinen Vater, der beim Militär war, ziemlich heiß", erzählt er. Aus ein paar Wochen, die der kleine Stanislav fernab jeder Gefahr verbringen sollte, wurden zwei Jahre. Tür an Tür erlebte er schließlich einen Teil seiner Kindheit mit Roma als Nachbarn, die die Regierung dort angesiedelt hatte. "Als Hilfe für Rumänien hat die Tschechoslowakei damals ein Kontingent an Leuten übernommen, die dann ohne jeglichen Bezug zum Land platziert wurden. Für uns waren das damals Zigeuner, und es war natürlich alles andere als ein ideales Zusammenleben", erinnert sich Stani Vana.

In der Küche musiziert

Doch obwohl man auf beiden Seiten mit allerlei Vorurteilen behaftet war, spürte man trotzdem viel Positives, vor allem die Bereitschaft, mit den Nachbarn in Kontakt zu kommen, so der Musiker. "Mein Onkel war ein Dorfmusikant und spielte Geige und Ziehharmonika. Es wurde immer in der Küche musiziert, und da sind auch die Roma-Leute gekommen, haben ihre eigene Musik gemacht oder mitgespielt. Das hat mich sehr geprägt."

Strategie Putzmann

Seinen Weg nach Österreich fand Stani Vana im Jahr 1984, als er als knapp 19-Jähriger "komplett blauäugig, naiv und mit schlechtem Deutsch" über Ungarn und Jugoslawien schließlich in Traiskirchen landete. Dem verpflichtenden Militärdienst in seiner Heimat konnte er mit einem hart erarbeiteten Untauglichkeitszeugnis entgehen, in den letzten Monaten vor seiner Flucht aus der Welt hinter dem Eisernen Vorhang arbeitete er als Putzmann bei der Prager U-Bahn, obwohl er seine Druckerlehre bereits abgeschlossen hatte. "Das war Strategie. Als Putzmann war es viel einfacher, die Stempel für die Ausreise zu bekommen. In der Druckerei warst du eine Fachkraft, da wurde fünfmal überlegt, ob eine Ausreise erlaubt wird."

Aus Trotz in Österreich

In Österreich angekommen stand Stani Vana vor einer offenen Tür zur Welt: Kanada, USA, Australien - für gut ausgebildete Flüchtlinge aus dem Osten damals schnell und unbürokratisch zu erreichen. "Alle haben erzählt, dass du binnen drei Wochen eine Greencard für die USA bekommst. Und ich habe mir gedacht, wenn das alles so einfach ist, dann bleibt mir eh alles offen." Also entschied er sich, in Österreich zu bleiben, weil gerade das der schwierigste Weg zu sein schien. "Eigentlich bin ich aus Trotz in Österreich geblieben", schmunzelt Vana. "Aber ich bin über die naive Entscheidung, mich damals im Lager Traiskirchen querzulegen, einfach total glücklich. Ich habe wirklich hart gearbeitet und mir ohne jegliche Hilfe alle Träume erfüllt. Und ich lebe im Luxus, weil ich Musik machen kann - und das wollte ich schon als Kind."

Ohne Kompromisse

Trotz des hohen Bekanntheitsgrades von !DelaDap in Europa und einigen Ländern in Asien und Amerika beschränkt sich der aus dem Musikmachen gewonnene Luxus auf die nicht-materielle Ebene. Alleine von seinem Schaffen als Musikproduzent könnte Stani Vana mit seiner Familie nämlich nicht leben. Nachdem er früher in allen nur möglichen Jobs am Bau, in der Gastronomie oder bei der Müllabfuhr gearbeitet hatte, kehrte er vor einigen Jahren schließlich zu seiner ursprünglichen Branche, dem Druckerei-Geschäft, zurück. Als fifty-fifty Druck- und Musikproduzent kann er es sich heute finanziell leisten, ganz genau die Musik zu machen, die er möchte und die ihm gefällt. Ganz ohne Abhängigkeiten und ohne Kompromisse. (Jasmin Al-Kattib, daStandard.at, 6. Juni 2011)