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Von seinen Anhängern bejubelt, vom Ausland oft argwöhnisch beobachtet: Der Sieger der Stichwahl um das Präsidentenamt in Peru, der Linksnationalist Ollanta Humala.

Foto: REUTERS/Mariana Bazo

Lima - In einem nervenaufreibenden Fotofinish hat der Linksnationalist Ollanta Humala die Stichwahl um das Präsidentenamt in Peru gewonnen. Der 48-jährige Ex-Militär setzte sich am Sonntag mit einem hauchdünnen Vorsprung von rund zwei Prozent gegen die Rechtspopulistin Keiko Fujimori durch. Damit kommt erstmals seit den 1970er-Jahren wieder die Linke in dem Andenland an die Macht - und wieder mit einem Militär wie damals Juan Velasco Alvarado (1968-1975).

Zehntausende feierten in der Nacht in Lima und anderen Städten den Sieg ihres Kandidaten. Humala wurde vor allem von den Mestizen und Indigenen aus dem Hochland sowie von Intellektuellen, Linkspolitikern, von Ex-Präsident Alejandro Toledo und von Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa unterstützt.

Appell zur Versöhnung

"Der Faschismus ist unterlegen, dies ist ein großer Sieg für die Demokratie", begrüßte der Schriftsteller den Sieg Humalas und rief ihn dazu auf, die "peruanische Familie" zu versöhnen. Der von Anschuldigungen und Schlägen unter die Gürtellinie geprägte Wahlkampf hatte das Andenland tief gespalten. Unternehmer und die bürgerliche Presse hatten sich auf die Seite Fujimoris gestellt.

Der erste, der Humala gratulierte, war der chilenische Präsident Sebastián Piñera - da hatte die unterlegene Fujimori noch nicht einmal ihre Niederlage eingeräumt gehabt. Und auch Humala wartete mit seiner Ansprache bis kurz vor Mitternacht. Seinen Anhängern versprach er, eine Regierung der nationalen Einheit zu schaffen, die Korruption zu bekämpfen und das rasante Wirtschaftswachstum in den Dienst der sozialen Entwicklung zu stellen. "Ein Krankenhaus in jeder Provinz, hervorragende Bildung für alle, Kinderkrippen für die arbeitenden Mütter, würdige Gehälter für die Polizisten, das sind die Gründe, weshalb ich heute hier stehe", rief Humala in die Menge.

Peru ist in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich sieben Prozent jährlich gewachsen, doch in allzu vielen Teilen des Landes kam davon nur wenig an. Ein Drittel der Peruaner lebt weiterhin unter der Armutsgrenze. Gleichzeitig nahmen die Konflikte in rohstoffreichen Gebieten zu, die Mordrate verdreifachte sich in einem Jahrzehnt, der Drogenhandel blühte auf.

Humala wird von ausländischen Investoren wegen seiner Nähe zum venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, wegen angekündigter Steuererhöhungen und wegen seiner Ideen von einem starken Staat nur mit Vorbehalt gesehen. Es gebe keinen Grund zur Beunruhigung, erklärte dagegen sein Wirtschaftsberater Félix Jiménez. Die Haushalts- und Geldpolitik werde verantwortungsvoll gehandhabt werden. Humalas erste Herausforderung wird es sein, eine mehrheitsfähige Koalition im Kongress zu schmieden. (Sandra Weiss, STANDARD-Printausgabe, 7.6.2011)