Robert Menasse saß als einer von 180 Gästen im Promiflieger nach Venedig.

Foto: Thomas Rottenberg

Auch Erich Schleyer war an Bord, um sich die Eröffnungsparty des Österreichbeitrags bei der Biennale zu geben.

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Cathy Zimmermann und Roman Rafreider waren ebenso mit von der Partie.

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Bei der Eröffnungsparty des Österreichbeitrages zur Biennale in Venedig kam ein Grün-Politiker ins Grübeln: Ist es in Ordnung, wenn sich Promis, Politiker und Medienleute zu derartigen Events einladen lassen?

Die Party hatte ein Problem: Zu viele Menschen auf zu wenig Platz - und um eins saß man dann auf dem Trockenen. Da kann sogar eine Nacht in Venedig lang werden. Erst recht, wenn der Flieger nach Hause erst um fünf Uhr morgens abhebt.

Doch abgesehen davon war der Trip superfein. Und wäre es auch im Nachhinein - wenn Klaus Werner-Lobo nicht im Getümmel den Supermoralischen gegeben hätte: Der Kultursprecher der Grünen im Wiener Rathaus stellte sich selbst ein paar Fragen. Und ich war blöd genug, ihm beim Antworten ein Mikro unter die Nase zu halten.

Aber der Reihe nach: Vergangenen Donnerstagmittag flogen 180 Menschen gemeinsam nach Venedig. Unter ihnen Robert Menasse, Peter Patzak, Erich Schleyer, Polizeigeneral Karl Mahrer, Landtman-Mann Berndt Querfeld, Roman Rafreider, Cathy Zimmermann, mehrere Journalisten, Ex-News- (und seither Österreich-)Manager Oliver Voigt, Politiker und PR-Leute: Das Echo-Medienhaus hatte zur Stippvisite zur Eröffnung der Biennale eingeladen.

Opening & Party

Auch Klaus Werner-Lobo war da. Ebenso wie Wolfgang Zinggl: Den halben Tag Venedig, inklusive Eröffnungsparty im exklusiven Hotel Cipriani wollte sich auch die Grüne Kulturabteilung nicht entgehen lassen.

Das Programm war straff. Akkord-Jetset: Flug, Opening, Abend in der Stadt, Party, Heimflug. Anstrengend und Kräftezehrend - wenn man am Freitag arbeiten sollte. Aber dennoch: Cool, gesellig - und wirklich sehr lustig.

Doch da erwischte mich Werner-Lobo am falschen Fuß. Nicht nur mich: Die Veranstalter, so der Abgeordnete, wären ziemlich überrascht gewesen, als er erklärt habe, das Ticket selbst zahlen zu wollen. Schließlich sei der Flug ja in einem Newsletter auch um 299 Euro als für jedermann buchbar ausgeschrieben gewesen. Er käme gerne mit, habe er auf die Einladung geantwortet, würde aber von diesem Angebot Gebrauch machen.

Transparenz

Wieso eigentlich, fragte ich. Werner-Lobo legte los: Als Politiker sei er Auftragnehmer der Steuerzahler - und könne daher nicht jede Einladung annehmen. "Ich bin auf der sicheren Seite, wenn ich selber zahle." Problematisch, betonte er, sei aber nicht, dass da ein Verlag einlade, sondern wie glaubwürdig der jeweils Eingeladene bleibe, wenn er annähme - ohne all jenen, denen er verpflichtet sei (oder die das auch nur indirekt beträfe), das umgehend offen zu legen.

Ja, auch wenn die Sache rechtlich einwandfrei sei: "Da muss man an sich selbst Maßstäbe anlegen, die über das gesetzlich Geforderte hinausgehen. Leider kann man das Wort 'supersauber' heute ja nicht mehr verwenden - aber man darf einfach nicht einmal in die Nähe eines solchen Geruches kommen."

Freilich, betonte der Mandatar - leicht feixend - wisse er natürlich nicht, ob nicht auch andere Mitflieger ihr Ticket selbst bezahlt hätten. Darum hüte er sich, über irgendjemanden den Stab zu brechen. Mein Ticket, räumte ich ein, stamme aus dem Einladungs-Topf. Ob mein so gewonnenes Odeur Werner-Lobo nun abstoße? Der Vollzahler gab mir jedoch die Absolution - und exkulpierte mich: „"Wenn man hierher fliegt, um Urlaub zu machen: Das geht gar nicht. Wenn man hierher fliegt, um zu arbeiten: Das ist etwas Anderes. Die Frage ist aber schon, ob sich Journalisten dann verpflichtet fühlen, deswegen unkritisch zu berichten."

Keine klaren Regeln

Wichtig, setzte der Politiker fort, wäre es, solche (aber auch andere) Einladungen transparent zu spielen: "Klar ist in jedem Fall, dass es seitens des Publikums auch Interesse an dieser Berichterstattung gibt. Klar ist aber auch, dass es wirtschaftlich oft nicht möglich wäre, von vor Ort zu berichten, wenn man Einladungen nicht annimmt." Das wahre Problem, so Werner-Lobo, sei, "dass es hier keine klaren Regeln gibt: Es ist ein Graubereich - etwas typisch Österreichisches eben, über das sich in diesem Land niemand Gedanken macht. Weder der Einlader, noch die Eingeladenen - und oft auch ohne jede böse Absicht."

Sich ob der selbstattestierten Supersauberkeit nun auf die Schulter zu klopfen, erklärte Werner-Lobo zuletzt, würde ebenfalls einen komischen Geruch hinterlassen: Seine Partei befände sich eben erstmals in der Situation, sich über Dinge den Kopf zerbrechen zu müssen, die anderswo seit Jahrzehnten Usus seien. "Es geht bei uns ständig um die Frage, was geht - und was geht nicht. Das ist ein Lernprozess - und der ist keineswegs abgeschlossen."

Und immer nur düster und grau, nickten wir einander zu, dürfe man die Welt ohnehin nicht sehen: Venedig, die Biennale und auch die Party hier seien schließlich allemal eine Reise wert. (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 6.6.2011)