Wien - Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ist für einen massiven Schuldenerlass für Griechenland. Daran führe auf Dauer kein Weg vorbei. In der Zeitung "Österreich" (Sonntag) spricht sich der Wirtschaftsprofessor im wesentlichen dafür aus, Griechenland in den Ausgleich zu schicken.

Beim Schuldenerlass denkt Van der Bellen an ein Drittel oder gar die Hälfte. Die europäischen Politiker fürchteten sich vor der Diskussion über einen Ausgleich. "EZB-Chef Trichet scheut die Debatte wie der Teufel das Weihwasser", sagt van der Bellen". "Die Lehman-Pleite hat dazu geführt, dass sich die Banken untereinander misstraut haben und sich keine Kredite mehr gaben. Das befürchtet man jetzt auch. Zuerst würden griechische Banken einknicken, dann deutsche oder britische, die sich in Griechenland engagiert haben. Und: Es droht auch ein Krise der Kreditversicherer".

Die Frage, ob Griechenland raus aus dem Euro soll, beantwortet der Wirtschafts-Wissenschafter eindeutig: "Nein. Was glauben Sie denn, was dann los wäre? Alle Griechen würden ihre Konten plündern und ihre Euro zu Verwandten ins Ausland schicken und sie dort auf Konten zu legen."

BZÖ für Euro-Austritt der Griechen

Einen Euro-Austritt der Griechen urgiert hingegen das BZÖ. Heftige Kritik übte BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner an einem neuen 100 Mrd. Euro schweren Hilfsprogramm für Griechenland, das Experten des deutschen Finanzministeriums für möglich halten würden, wenn Athen auch 2013 und 2014 auf fremde Hilfe angewiesen sein sollte. "Nur ein Zahlungsstopp würde die Griechen endlich zu Reformen zwingen", findet Ebner. Er forderte in einer Aussendung eine Wiedereinführung der Drachme in Griechenland.

Der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB), Erich Foglar, sieht keine Alternative zu den Hilfen für das pleitebedrohte Griechenland. Am Freitag bekam Athen zunächst einmal das Okay für die dringend benötigte nächste Tranche von 12 Mrd. Euro von EU und IWF. Der ÖGB habe diese Hilfsmaßnahmen immer befürwortet, sagte Foglar am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Würde die Unterstützung nicht gewährt, wäre "die Konsequenz für Europa, für viele Banken, für uns alle, noch viel schlimmer".

"Nicht auf jemanden hintreten, der am Boden liegt"

"Wir dürfen uns zu unserem eigenen Schutz und Vorteil dieser Hilfe nicht verschließen", befand Foglar. Im Übrigen rette man nicht nur Griechenland, sondern die Forderungen der Banken mehrerer europäischer Länder, die andernfalls in immense Probleme kommen würden. "Was da passiert, haben wir nach dem Zusammenbruch von Lehman gesehen", so Foglar.

Foglar warnte im Fall Griechenlands davor, auf jemanden hinzutreten, der am Boden liege. Auf Journalistennachfragen räumte er ein, dass es zweifellos nicht leicht sei, österreichischen Arbeitnehmern zu erklären, dass es Steuergeld brauche, um französische Banken zu retten, damit deren griechische Forderungen nicht untergingen. "Das ist sicher nicht einfach, aber notwendig". Derzeit gebe es aber keine bessere Alternative.

Es müsse klar aufgezeigt werden, was passiere, wenn die Banken wieder ins Trudeln kämen. "Das wäre der Dominoeffekt, den wir schon einmal erlebt haben, den wollen wir kein zweites Mal erleben." Im übrigen gehe es bei Griechenland um Kredite. "Und wir vertrauen schon darauf, dass diese Kredite zurückgezahlt werden."

Schulden zurückzahlen

Wichtig sei dazu aber, dass drei Maßnahmen gesetzt würden: Den Griechen müsse genügend Zeit gegeben werden, ihre Schulden zurück zu zahlen, die Rückzahlung müsste also auf einen längeren Zeitraum erstreckt werden. Dann müssten die "horrenden" Zinsen auf ein vernünftiges Maß herabgesetzt werden. Und schließlich brauche es Investitionen, ohne die es der griechischen Regierung nicht gelingen werde, die Strukturprobleme zu beseitigen. Momentan habe er die Sorge, dass die Standbeine Wachstum und Beschäftigung dort zerstört werden. Mit Nachdruck warnte der ÖGB-Chef vor einem "Kaputtsparen". Dies verschärfe die Probleme noch. Und das sei der schlechteste Weg.

"Wir haben uns im eigenen Land gegen das Kaputtsparen gewehrt. Das gilt auf Europaebene genauso." Die Gefahr für die nächste Generation: "Sie sparen der Jugend die Zukunft weg in Spanien, Irland, Portugal und Griechenland".

Den Griechen werden für weitere Hilfen u.a. vom IWF massive Sparvorgaben gemacht. Auch laut Foglar führt nichts daran vorbei, dass die schuldenbeladenen Länder wie Griechenland selber große Anstrengungen unternehmen müssten. "Das tun sie auch". Es sei aber massiv mehr Zeit nötig. Kreditrückzahlungen bräuchten eine florierende Wirtschaft und Beschäftigung. Hier sieht er Gefährdungen durch die Politik des Währungsfonds. (APA)