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Jose Sócrates, Premier

Foto: APA/EPA/Lopes

Lissabon - Mitten in seiner historischen Haushaltskrise wählt das hoch verschuldete Portugal am Sonntag ein neues Parlament. Mehr als 9,6 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, ihre 230 Abgeordneten in der Hauptstadt Lissabon neu zu bestimmen. Als Favorit gilt die sozialdemokratische Partei mit ihrem Spitzenkandidaten Pedro Passos Coelho. Die Wahl wurde nötig, nachdem der sozialistische Regierungschef Jose Socrates im März zurückgetreten war. Zuvor hatte seine Minderheitsregierung eine Parlamentsabstimmung über ein Sparprogramm verloren, das einen Antrag auf Finanzhilfen der Europäischen Union, des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank abwenden sollte. Anfang Mai beantragte Portugal Unterstützung im Umfang von 78 Milliarden Euro.

Opposition voran

Nach einer am Donnerstagabend veröffentlichten Umfrage des Fernsehsenders TVI und der Zeitung "Público" wollen bei den vorgezogenen Parlamentswahlen an diesem Sonntag nur 31,1 Prozent der Wähler der Sozialistischen Partei (PS) ihre Stimme geben. Die oppositionelle bürgerliche Partei der Sozialdemokratie (PSD) von Spitzenkandidat Pedro Passos Coelho liegt in der Wählergunst mit 36,6 Prozent deutlich vorne.

Zusammen mit dem rechtskonservativen Demokratischen und Sozialen Zentrum (CDS), dem 11,6 Prozent der Befragten ihre Stimmen geben wollen, ist das bürgerliche Lager der absoluten Mehrheit sehr nahe. Eine Koalitionsabsprache gilt zwar als möglich, liegt jedoch noch nicht vor. Ins Lissabonner Parlament werden der Umfrage zufolge am Sonntag auch wieder das Bündnis von Kommunisten und Grünen (CDU) mit 7,4 Prozent sowie der Linksblock (BE) mit 6,0 Prozent gewählt werden.

Bestes Wahlergebnis

Vor dem Hintergrund der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Nelkenrevolution von 1974 sind im ärmsten Staat Westeuropas rund 9,6 Millionen Stimmberechtigte aufgerufen, die bis zu 230 Mandate der Versammlung der Republik neu zu vergeben. Die Neuwahlen sind nötig, weil Sócrates das Handtuch geworfen hatte. Zuvor hatte seine Minderheitsregierung im Parlament keine Mehrheit für das vierte Sparpaket innerhalb von elf Monaten finden können.

Der 53-Jährige Sócrates hatte die Sozialisten 2005 zur absoluten Mehrheit und zum besten Wahlergebnis der Geschichte geführt. Nach mehreren Krisen und Korruptionsaffären in seiner ersten Amtszeit konnten die Sozialisten die Parlamentswahlen von September 2009 nur mit 36,5 Prozent der Stimmen gewinnen.

Die neue Regierung wird wohl Anfang Juli die Amtsgeschäfte übernehmen. Sie muss dann sofort die mit dem 78 Milliarden Euro schweren Hilfspaket verbundenen Sparauflagen, die Anfang Mai mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds ausgehandelt worden waren, in Gang bringen. (APA)