Der i-MiEV beweist, dass Elektromobilität Spaß macht.

Foto: Guido Gluschitsch

Ins Farbenkastel hinterm Lenkrad schaut man in diesem Auto seltener wegen der Geschwindigkeitsanzeige ...

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... als wegen der Rest-Reichweite.

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Er ist wendig, leise und ziemlich praktisch, weil er Platz für vier Personen und ein wenig Gepäck bietet.

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Mitsubishi

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Keine Frage, dass dieser Wagen eine ganze Menge auch gewichtiger Nachteile hat und dass die Zeit noch nicht ganz reif ist. Die Reichweite ist läppisch, das Nachladen ist mühsam: Die wenigsten werden zu Hause eine Konstellation vorfinden, die ihnen ein praktisches und bequemes Aufladen ermöglicht. Und wo der Strom herkommt, weiß man schließlich auch nicht. Ja, schon, aus der Steckdose. Aber wurde er in einem Atomkraftwerk erzeugt oder in einem Kohlekraftwerk?

Das Fahren ist hingegen zweifelsfrei toll, so viel Euphorie sei zugelassen. Zuerst einmal Irritation: Drehen am Zündschlüssel – rennt der Motor? Stille. (Und Piepen.) Aber der Wagen fährt an. Geräuschlos biegt der i-MiEV aus der Parklücke. Passanten schauen irritiert, da fehlt etwas, ein Radfahrer verreißt den Lenker. Der unmittelbare Bewegungsradius dieses Autos ist mangels Geräuschkulisse schwer einzuschätzen.

Maßlose Neugier

Jetzt wird beherzt Gas gegeben. Oder gibt man hier etwa Ampere? Gar Watt? Die Beschleunigung ist jedenfalls ordentlich. Und sehr stringent. Lustig ist es ja an der Ampel, wenn die Krachmacher und Benzinfresser nebenan mitleidig auf einen herabschauen, mache tun ja gar so, als ob man in einem Mopedauto unterwegs wäre. Dann aber, wenn es Grün wird, lässt man die Stinker hinter sich. Die Beschleunigung ist richtig gut. Und 130 km/h auf der Autobahn sind auch drin.

Selbst bei vorschriftsmäßigem Tempo kann es passieren, dass man von der Polizei angehalten wird. Grund: maßlose Neugierde. Und ja, die Beamten wollen Probe fahren.

Ein besonderes Vergnügen ist der i-MiEV in der Nacht. In der Stille der Nacht. Wenn man selbst nicht als akustischer Umweltverschmutzer unterwegs ist, sondern lautlos durch die Stille schneidet, vielleicht ein bisschen Superfly hört, aber offen ist für die Umgebung. Und erst wenn man selber leise ist, hört man, wie laut und lärmig die anderen sind.

Was nervt, ist die Reichweite. Gerade man wenn so mit sich und dem Auto zufrieden durch die Stadt zieht, fällt dann der Blick auf den Reichweitenanzeiger. 73 Kilometer nur noch. 68. 62. Weit geht's nicht mehr. Der i-MiEV hat eine Reichweite von gut hundert Kilometern – das ist ein Wert, bei dem man bei einem anderen Auto schon mit dem Reservetank fährt. Hier geht's erst los.

Gestrenger Wächter

Die fallende Reichweite hat etwas Bedrohliches. Unvorhergesehene Wege und Umwege können den Fahrer in eine Ausnahmesituation katapultieren. Und auch die Aussicht, Martin, den gestrengen Wächter über den Standard, wieder mit dem Begehr des Einlasses konfrontieren zu müssen, sind kaum verlockend. Martin muss dann das große Tor aufsperren, dann kann der i-MiEV im Hof des Palais Trauttmansdorff mit einem Verlängerungskabel in der Küche neben dem Geschirrspüler angeschlossen werden, das macht insgesamt keinen schlanken Fuß und provoziert eine Reihe belustigter Fragen von netten Kollegen.

Auch zu Hause wirkt es seltsam, wenn man aus dem zweiten Stock das Kabel herablässt, um das Auto anzuhängen. Sinn macht der i-MiEV also nur, wenn man zu Hause (oder am Arbeitsplatz) einen Garagenplatz samt Steckdose hat und den Wagen ganz selbstverständlich und täglich anhängen kann.

Alles andere ist Zukunftsmusik. Gern auch leise.
Beschleunigung aus der Steckdose: Der Mitsubishi i-MiEV fährt ausschließlich mit Strom. Das hat Vorteile, aber auch Nachteile. der Standard hat den i-MiEV einem Praxistest unterzogen: Zwei wackere Gesellen machten sich auf den Weg, die Praktikabilität dieser innovativen Fortbewegung in der Stadt zu ergründen. Ohne Rücksicht auf Verluste. (Michael Völker/DER STANDARD/Automobil/03.06.2011)

Vom 23. Bezirk nach Simmering sind es rund 15 Kilometer. Bei der Abfahrt zeigt der voll aufgeladene i-MiEV eine Reichweite von 114 Kilometern an. Rund 20 Minuten später, mitten im Arbeiterbezirk, reicht die Ladung noch für 116 Kilometer.

Die Reichweitenanzeige orientiert sich ganz klar an den zuletzt gefahrenen Kilometern. Wer als vorausschauender Fahrer nach einem gestressten Manager in den i-MiEV steigt, kommt mit der gleichen Ladung bedeutend weiter.

Wer alle Stromfresser abschaltet, macht die Energie zur Reichweite. Wer die Klimaanlage ausschaltet und stattdessen das Fenster aufmacht, hat schon ein paar Kilometer gewonnen.

Reichweite maximieren

Sehr viel Energie kann man sich holen, wenn man den Motor ordentlich als Generator nutzt und die Bremsenergie nicht über die Scheiben an den Vorderrädern vernichtet, sondern in den Akku füllt. Tippt man sanft auf das Bremspedal, schaltet sich der Generator ein und lädt die Batterie, erst beim starken Bremsen arbeiten die Klötze.

Anders als der kürzlich hier getestete und an sich baugleiche C-Zero hat der i-MiEV drei unterschiedliche Modi zum Fahren. Neben dem normalen Drive- und dem Comfort-Modus gibt es einen für erhöhte Bremsenergierückgewinnung. Diesen Gang nutzt man vorzugsweise, wenn man vom Kahlenberg runterfährt – man kann ihn aber auch schnell einlegen, wenn vor einem die Ampel auf Rot springt. Der Wagen verzögert dann deutlich, und der nächste Start ist schon wieder zu einem guten Teil in den Akkus.

Jetzt kann man sich, wenn man den i-MiEV teilt, einen Spaß daraus machen, die Reichweiten durch eine besonders vorausschauende Fahrweise in lichte Höhen zu treiben.

Nach weiteren gut 30 Kilometern im Stadtverkehr purzelt die Reichweite auf 99 Kilometer. Mit eingeschalteter Klimaanlage und einem ambitionierten Gasfuß reicht die volle Ladung der Akkus nicht einmal annähernd so weit.

Dieses Vorhaben dient aber weniger dazu, die nervliche Belastungsgrenze des Kollegen Völker zu testen, sondern viel mehr soll der Versuch zeigen, wie sparsam man unterwegs sein kann – natürlich ohne ein Verkehrshindernis darzustellen. Und da geht doch einiges. Nur fühlt man sich bei Verbrennungsmotoren weniger dazu genötigt als bei einem Fahrzeug, das gerade einmal etwas mehr als hundert Kilometer weit kommt und nur eine Steckdose kennt – nämlich die im Hof des Standard.

Ohne Steckdose in der Garage ist man dem Wagen ein wenig ausgeliefert. Aber das ist auch schon die einzige Situation, in der man als Tester leicht verzweifelt. Denn sonst fehlt es dem i-MiEV an nichts. Vier Sterne hat er sich im Crashtest geholt, das ESP macht seine Arbeit sehr sauber, und von der Sitzheizung über die Klimaanlage bis hin zum Autoradio und den elektrischen Fensterhebern fehlt nichts von dem, was wir heute in einem Fahrzeug finden wollen – auch wenn es noch so viel Strom frisst.

Eine Stelle finden wir dann schon, an der wir noch weiter Energie sparen würden, wenn wir könnten. Auch wenn es nicht viel bringt, aber die Sicherung der Alarmtröte würden wir sofort ziehen und in weitem Bogen wegwerfen. Denn der i-MiEV piepst in einem fort. Natürlich dann, wenn der Gurt nicht geschlossen ist – aber auch wenn die Türe offen ist und der Schlüssel steckt, oder wenn der Schlüssel steckt, der Wagen aber noch nicht läuft und beim Anstarten. Das lautlose Fahren ist ja ein Genuss, aber das "Pling" beim Anstarten lässt einen dann doch an das sonore Blubbern eines V8-Motors denken und kurz aufseufzen. (Guido Gluschitsch/DER STANDARD/Automobil/03.06.2011)