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Rachel Lavine (45) ist seit 2008 CEO von Atrium. Sie ist seit 18 Jahren im Immobiliengeschäft. Zuvor leitete Lavine Plaza Centers und Elscin und war Aufsichtsratsmitglied von U. Dori Engineering Works Corporation. Sie hält einen MBA der Kellogg School of Management.

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Wien - Atrium versucht, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Der Immobilienverwalter und -entwickler, hervorgegangen aus Meinl European Land, hat im Mai seine erste große Akquisition seit der großen Krise 2008 abgeschlossen. Um 177 Mio. Euro wurde ein Shoppingzentrum (Promenada) in Warschau übernommen.

Doch die Meinl-Vergangenheit lastet noch auf der Bilanz. Im ersten Quartal 2011 lagen die administrativen Kosten um vier Mio. Euro höher als im Vergleichsquartal 2010, laut Atrium-CEO Rachel Lavine ist das auf die Rechtskosten wegen Verfahren gegen die Meinl Bank zurückzuführen. Heute hat Atrium 340 Mio. Euro Cash. Der Standard fragte bei Lavine nach, was mit dem Geld passieren soll.

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Standard: Atrium hat derzeit 340 Millionen Euro Bargeld. Warum investieren Sie nicht mehr?

Lavine: Unsere Bilanz ist nicht wirklich effizient. Wir halten zu viel Cash und haben zu wenig Schulden. Für ein Immobilienunternehmen ist das sehr untypisch. Unser Verschuldungsgrad von nahe null ist lächerlich, wo er doch bei Immobiliengesellschaften normalerweise um die 40 Prozent liegt. Aber das wird sich ändern. Wir wollen kaufen und wir könnten knapp eine Milliarde Euro in die Hand nehmen.

Standard: Scheitert es an den Bewertungen? Sind die Immobilienmärkte in Osteuropa nicht attraktiv gepreist?

Lavine: Vielleicht sind wir auf der Suche nach dem nächsten Promenada (Einkaufszentrum in Polen, Anm.), und wir finden es nicht. Wir wollen in einer großen Stadt zukaufen, und dort gibt es viel, viel Wettbewerb. Jeder ist derzeit in Polen, alle Fonds, aus Amerika und Europa. Daher suchen wir nach Alternativen, etwa Rumänien oder Ungarn, die noch unter der Krise leiden, aber Potenzial haben. Ich gehe davon aus, dass wir dort demnächst einen Aufschwung sehen.

Standard: Treibt das Niedrigzinsumfeld die institutionellen Anleger in die Immobilien?

Lavine: Ich glaube, die großen Institutionen haben ein Problem der mangelnden Alternativen. Das ist, warum viele mehr Risiko eingehen wollen. In Moskau werden Immobilien mit einer Rendite von sieben Prozent gehandelt. Das halte ich nicht für sehr vernünftig, eher für teuer.

Standard: Aber Polen bleibt der Fokus von Atrium?

Lavine: Polen hat sich in der Rezession als sehr stabiles Land erwiesen. Wir halten knapp 42 Prozent unserer Immobilien in Polen. Viele Investoren glauben, dass die Märkte in ganz Osteuropa gleich sind. Doch es gibt massive Unterschiede. Wir wollen uns weiter auf die soliden Länder konzentrieren wie etwa Tschechien, Slowakei oder Polen.

Standard: Sie haben in den vergangenen Monaten drei Immobilien aus dem Altbestand verkauft. Wie soll Atrium in Zukunft umgebaut werden?

Lavine: Könnten wir von Neuem starten, wäre das Entwicklungsportfolio wohl 15 bis 20 Prozent unseres Geschäfts, nicht ein Drittel wie derzeit. Wir möchten den Anteil der Immobilienentwicklung senken, um das Portfolio stabiler zu machen. Investoren und Unternehmen haben das Risiko unterschätzt. Wir verstehen uns als Firma, die ihren Investoren eine stabile Dividende ausschüttet. Daher muss das Risiko angepasst sein. Wir reden nicht mehr über zweistelliges Wachstum.

Standard: Welche Rolle spielt da der sehr volatile Markt Russland?

Lavine: Wir sehen Russland als eine spannende Ergänzung. Doch wenn wir eine Dividende aus dem Cashflow 2009 aus Russland finanzieren müssten, wäre das sehr, sehr herausfordernd gewesen.

Standard: Sie wollen die Expansion auch mit Schulden finanzieren. Welche Rolle spielt da Ihr Kreditrating? Sie wurden im Oktober 2010 von Ratingagenturen hochgestuft, sind aber noch unter der Schwelle Investment-Grade, also BBB.

Lavine: Das Rating ist wichtig. Es macht einen großen Unterschied, ob wir als Unternehmen mit einer Bonität von Investment-Grade ausgestattet sind. Wir können unterschiedlich arbeiten, wenn wir dank guten Ratings auf der Unternehmensebene Kredit um vier Prozent bekommen. Das ändert unsere Wettbewerbsfähigkeit massiv. Wir arbeiten intensiv daran, das Rating zu verbessern. Das bedeutet auch, dass wir noch transparenter werden müssen. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.6.2011)