Bild nicht mehr verfügbar.

Spanische Bauern sind verärgert über die Rufschädigung.

Foto: REUTERS/FRANCISCO BONILLA

Madrid/Berlin - Die Zahl der EHEC-Infektionen ist wieder stark angestiegen. Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als 1.500 EHEC-Infektionen und Verdachtsfälle, vor allem im Norden. Bisher habe es 1.169 gemeldete Krankheitsfälle in Deutschland gegeben, davon 373 schwere Fälle. Die Zahl der Todesopfer in Deutschland stieg auf 15 - davon sind 13 Frauen.

Schweden meldete als erster weiterer EU-Staat den ersten EHEC-Todesfall. In dem Land gibt es nach Angaben der Behörden etwa 40 bestätigte EHEC-Fälle. In vielen anderen Ländern mehren sich die bestätigten und die Verdachtsfälle.

Spanien fordert Millionen-Ersatz

Indes verlangt Spanien Schadensersatz für die Millionenverluste, die spanischen Landwirten infolge der Ehec-Krise entstanden sind. Madrid schließe auch rechtliche Schritte gegen die Behörden in Hamburg nicht aus, sagte der spanische Vizeregierungschef Alfredo Perez Rubalcaba am Mittwoch.

Es sei von Anfang an klar gewesen, dass Spanien nicht der Ausgangspunkt der Ehec-Darminfektionen gewesen sein könne. "Ein Erreger dieser Art war in Spanien noch nie aufgetreten", sagte Rubalcaba dem Radiosender Cadena SER. "Das heißt, es gibt die Bakterien hier in Spanien nicht. Und wenn es sie hier nicht gibt, ist die Krankheit auch nicht von Spanien ausgegangen."

In Hamburg waren in der vorigen Woche zunächst Ehec-Erreger auf Gurken aus Spanien festgestellt worden. Die Gesundheitsbehörden der Hansestadt stellten am Dienstag jedoch klar, dass es sich dabei nicht um die Keime handelte, die die schweren Darminfektionen ausgelöst hatten. Spanische Bauernverbände beziffern die Verluste, die den Landwirten entstanden sind, auf 200 Millionen Euro pro Woche. 

Quelle nach wie vor unbekannt

Die Quelle der lebensgefährlichen EHEC-Infektionen in Deutschland liegt währenddessen weiter im Dunkeln. EU-Gesundheitskommissar John Dalli erklärte am Mittwoch, das "Ganze geht von Hamburg aus". Allerdings müsse man jetzt den Ursprung der Kontamination mit dem Durchfallerreger finden, gleichzeitig sollte die Bevölkerung "nicht überreagieren". Tests von in Hamburg gezogenen Gurkenproben zeigten unterdessen keine Übereinstimmung mit dem grassierenden Erreger des Typs O104:H4, der aus Stuhlproben von Patienten isoliert wurde.

Laut Informationen der Wiener Uni für Bodenkultur (Boku) könnte die Suche nach der Quelle des EHEC-Keims auch zu gar keinem Ergebnis führen: Die verursachenden Lebensmittel könnten längst aufgegessen sein, meint Konrad Domig von der Boku: "Es wäre möglich, dass irgendeine Quelle in ein Produkt ausgestreut hat und man die Ursache nun nicht mehr findet", so der Wissenschafter vom Department für Lebensmittelwissenschaften und Lebensmitteltechnologie.

"Größter Ausbruch in Europa"

"Meines Wissens ist das der größte EHEC-Ausbruch in Europa", erklärte Domig. Bisher habe man mit diesen Infektionen kaum zu tun gehabt und es gab bei den sporadischen Fällen nur wenige Erkrankte. Anders sieht es zum Beispiel in den USA aus: "Es hat zuletzt EHEC-Ausbrüche - durch Blattspinat, Frühlingszwiebel, Apfelsaft und Obst - gegeben, die relativ gut dokumentiert sind", so der Forscher. Eine EHEC-Infektion werde außerdem auch "Hamburger-Disease" genannt, da in den USA immer wieder nicht ausreichend gegartes, faschiertes Fleisch Erkrankungen auslöse.

Bei den aktuellen Fällen in Deutschland und Europa sei neben dem enormen Ausmaß an Betroffenen der dafür verantwortliche EHEC-Typ O104:H4 außergewöhnlich. "Das ist ein neuer Serotyp, der noch nie für einen Ausbruch gesorgt hat", erklärte Domig. Seien Menschen betroffen, habe es sich bisher meist um O157 gehandelt. O104 sei der Wissenschaft zwar schon bekannt, aber noch nie bei Erkrankungsfällen entdeckt worden.

Umso wichtiger sei daher das Auffinden der Quelle. Bei der Suche nach der Ursache spiele das Ernährungsmuster der Betroffenen eine große Rolle. Generell könne EHEC nämlich an sehr vielen Lebensmitteln haften, da es sich um eine krankmachende Unterart des ganz normalen Darmkeims Escherichia coli handelt. Er kann theoretisch an Fleisch, Rohmilch, Gemüse und Obst gelangen.

 "Hirsch Salami" zurückgerufen

Unterdessen wurde in einer Charge "Hirsch Salami" des italienischen Herstellers Norc Toscana s.r.I.ineria eine Kontamination mit Toxin bildenden E. coli festgestellt. Die AGES warnte vor dem Verzehr der Wurst. Der betreffende EHEC-Keim bildet Shigatoxin und kann zu schweren Durchfällen und in Folge zu Nierenversagen führen. Die Probe stehe in keinem Zusammenhang mit dem gegenwärtigen EHEC-Ausbruch in Deutschland, betonte die AGES. (APA)