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KHG musste sich am Dienstag Vormittag unter Blitzlichtgewitter den Weg in den Raum bahnen.

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Kämpferisch zeigte er sich auch in seinen Statements: "Ich schließe aus, dass finanzstrafrechtlich auch nur ein Funke übrig bleibt."

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Der Presseraum in einem Wiener Hotel war etwas zu klein dimensioniert.

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Anwalt Manfred Ainedter bringt eine Amtshaftungsklage gegen die Staatsanwaltschaft ein.

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Ebenfalls anwesend bei der Pressekonferenz am Dienstag: Zwei AktivistInnen mit Grasser-Maske.

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Einer der beiden erklomm nach der Pressekonferenz das Podium und verunglimpfte Grasser zum Gaudium der Medien: "Ich bin ein Löwe. Brüll!"

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Wien – Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ging wieder einmal in die mediale Offensive: Gemeinsam mit seinem Anwalt Manfred Ainedter nahm er am Dienstag zu den Hausdurchsuchungen vom vergangenen Donnerstag Stellung. Sein Mandant sei bei den Hausdurchsuchungen nicht in Österreich gewesen und nun zurückgekehrt, er wolle nun seine Kritik an den Maßnahmen der Behörden selber formulieren, erläuterte sein Rechtsanwalt Manfred Ainedter.

An zehn Standorten, darunter Grassers Penthouse-Wohnung in Wien, seine Firma Valuecreations GmbH, sein Bauernhaus in Kitzbühel und seine Villa am Wörthersee, hat die Staatsanwaltschaft Wien vergangene Woche Hausdurchsuchungen durchgeführt und dabei 35 Kartons mit Unterlagen, Computer und Handys beschlagnahmt. Auch bei Grassers Steuerberater Peter Haunold wurde eine Razzia durchgeführt. Die Durchsuchungen fanden nicht wegen der Buwog-Ermittlungen sondern im Zusammenhang mit dem laufenden Finanzstrafverfahren gegen Grasser statt, in dem der Ex-Minister von der Staatsanwaltschaft der Steuerhinterziehung seit 2003 verdächtigt wird.

Als Grasser und Ainedter am Dienstag kurz nach 10:30 Uhr im Raum mit dem bezeichnenden Namen "Blazing White" (etwa: "strahlend weiß", Anm.) des Wiener Ring-Hotels Le Meridien erschienen, mussten sie sich erst durch die Fotografen durchzwängen. Blitzlichtgewitter. "Wir haben mit Vielem gerechnet, aber nicht damit, dass dieser Raum zu eng werden würde", sagte Ainedter. Es wäre allerdings abzusehen gewesen, denn so großzügig bemessen war dieser Raum auch wieder nicht.

Grasser ging dann gleich zu Beginn auf die Hausdurchsuchungen ein und berichtete, wie diese aus seiner Sicht abliefen: "Ich war im Ausland, mein 70-jähriger Vater hat mich um 9 Uhr angerufen: Beamte stehen vor der Tür, die ins Haus wollen. Minuten später meldete sich mein Sohn aus Wien: Auch hier seien Beamte, die hinein wollten." – "Papa, was soll ich machen?", habe der Sohn ihn gefragt, der laut Grasser "in T-Shirt und Unterhose" in der Tür stand. Grasser sagte ihm, er solle sie bitten, draußen zu warten, bis Anwalt Ainedter eintreffen würde. Sein Sohn, "der arme 17-jährige Teufel" (O-Ton Grasser) habe dann wegen der Amtshandlung den ganzen Tag in der Wohnung bleiben müssen, einen Chemie-Labor-Report deswegen nicht mehr fertig machen können und sich außerdem auf die anstehende Ökonomie-Prüfung nicht vorbereiten können. Drei Arbeiten, die der Sohn am Computer gespeichert hatte, konnten dann sogar von einer Spezialeinheit der Polizei am nächsten Tag nicht mehr wiederhergestellt werden, klagte Grasser.

"Vernichtung meiner Existenz"

Dass zur Hausdurchsuchung sofort auch eine Horde Journalisten vor der Tür auftauchte, brachte Grasser noch Tage später in Rage: "Es ist kein Vorwurf gegen Sie", sprach er die zahlreich anwesenden Journalisten direkt an, "mir ist klar, dass das eine gute Geschichte ist, wenn es eine Hausdurchsuchung bei Grasser gibt. Da hat man den Job getan – einverstanden." Er könne sich aber nicht erinnern, "dass es einmal in Österreich gleichzeitig mit der Anordnung, eine Hausdurchsuchung durchzuführen, eine Presseaussendung der Staatsanwalt gegeben hat, wo man dazu quasi einlädt: 'Heute Hausdurchsuchung bei Grasser.'" Dies habe den Effekt gehabt, dass sowohl seine Eltern in Maria Wörth plötzlich mit der Presse zu tun bekamen, als auch ein massives Journalistenaufkommen in Kitzbühel und Wien.

Seinen Sohn bat er dann, zuhause zu bleiben und nicht in die Schule zu gehen, anstatt den Test zu machen und die Arbeit abzugeben, "weil wir berechtigte Sorge hatten, dass dann eine Reihe von Fotos gemacht worden und damit seine Privatsphäre massiv gestört worden wäre." Es sei für ihn ohnehin schon schwer verständlich, dass "20 Monate nach dem Verfahren gegen mich eine Hausdurchsuchung durchzuführt wird". Aber er habe "absolut null Verständnis dafür, dass man den Wäscheschrank und das Zimmer meiner dreijährigen Tochter durchsucht, das Gleiche bei meiner elfjährigen Tochter macht, dass das Handy meiner elfjährigen Tochter mitgenommen wird und auch der PC meines 17-jährigen Sohnes."

"Mit Verlaub: Das ist keine normale Vorgehensweise, sondern die gezielte Vernichtung meiner Existenz, die hier betrieben wird", so Grasser weiter. "Was zuviel ist, ist zuviel. Ich werde kämpfen wie ein Löwe. Das ist und war eine grobe Rechtsverletzung, und dafür wird jemand die Verantwortung tragen." Man wolle ihm "um jeden Preis etwas anhängen", er werde sich aber "gegen diese Willkür- und Racheakte wehren".

Amtsmissbrauchs-Anzeige, Antrag auf Einstellung der Buwog-Causa

Und zwar einerseits mit der Forderung nach einem U-Ausschuss, der sich einerseits mit den Vorwürfen gegen seine Person, andererseits auch mit der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft auseinandersetzen sollte. Von Vertretern der Regierungsparteien wurde die Einsetzung eines solchen allerdings postwendend abgelehnt (siehe "Reaktionen").

Andererseits kündigte Grassers Anwalt Ainedter an, dass er Anzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen die Staatsanwaltschaft Wien und Beschwerde gegen die Hausdurchsuchungen einbringen werde. Außerdem will er einen Antrag auf Einstellung der Lehman-(Buwog-)Causa stellen.

Finanzbeamtin wurde beurlaubt

Dass nun auch jene Finanzbeamtin, die Grassers Stiftungs-Steuer-Konstruktion einen "Persilschein" und also die Unbedenklichkeit ausstellte, ebenfalls Ermittlungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs am Hals habe, findet Grasser "lächerlich". Die Beamtin – der laut "Falter" im Hausdurchsuchungsbefehl außerdem ein "privates Verhältnis" zu Grasser nachgesagt wird – habe nämlich erstens gar nicht selbst über den Fall entschieden. Zweitens habe sich diese Beamtin namens K. während Grassers Amtszeit für den Posten einer Finanzamtsvorständin beworben, habe diesen Job aber nicht bekommen, weil es Grasser abgelehnt und "jemand anderen vorgezogen" habe. Das unterstellte Naheverhältnis sei schlicht "gelogen", so Grasser am Dienstag.

Nach seiner Besprechung mit Haunold bei der Finanzbeamtin habe ihm sein Steuerberater gesagt, "du kennst sie doch, sie hat doch mit dir in Klagenfurt studiert", schilderte Grasser heute. "Ich konnte mich nicht daran erinnern".

Laut "Falter"-Informationen soll die Beamtin Grasser eine Unbedenklichkeitsbestätigung ausgestellt, aber die sogenannte "Steueroasenabteilung" des Finanzministeriums, die den Fall bewerten sollte, nur unzureichend informiert haben. Sie soll der Fachabteilung den Fall geschildert, aber den Namen Grassers verschwiegen haben. Wichtige Informationen in dem Fall – etwa dass Grassers Stiftungen KHG günstige Darlehen gewährten – sollen nicht weitergeleitet worden sein. Die Beamtin wurde bereits einvernommen und weist alle Vorwürfe energisch von sich, es gilt die Unschuldsvermutung. Wie das Nachrichtenmagazin "News" vorab berichtet, ist K., Fachvorständin des Finanzamtes Wien 1/23, vom Finanzministerium mittlerweile beurlaubt worden.

Drei Beamtinnen vom Finanzamt hätten seine Stiftungskonstruktion viereinhalb Monate geprüft und dann festgestellt, dass das Firmengeflecht in Ordnung sei, so Grasser. "Wir anerkennen eine intransparente Stiftung", habe ihm das Finanzamt erklärt, die Liechtenstein-Stiftung werde ihm nicht zugerechnet, sondern sei ein eigenes Rechtssubjekt. Dass die Finanzbeamtin seinen Akt dann als "Prominentenakt" offenbar bei sich verwahrt habe, habe er nicht gewusst, und das sei ihm auch "relativ wurscht", so der Ex-Finanzminister. Die Handlungen der Finanz seien ihm ja nicht zuzurechnen.

"Rache, Verfolgung, existenzielle Vernichtung"

Die Konstruktion mit den Liechtenstein-Stiftungen sei eine Idee des Steuerberaters von Deloitte, Peter Haunold, gewesen, bekräftigte Grasser neuerlich – unter anderem deshalb, um die von Grasser gewünschte "Diskretion" zu gewährleisten. Im April 2009 sei man damit an das Finanzamt herangetreten und habe um die steuerrechtliche Einschätzung gebeten. Im September – also fünf Monate später – habe es dann einen Aktenvermerk dazu gegeben. Dass Haunold "Beitragstäter seit 2003" gewesen sein soll, "kann nur nachweisbar falsch sein", so Grasser weiter. Er habe Haunold 2003 noch gar nicht gekannt, und außerdem: "Wo wäre das Motiv, mir beim Steuerhinterziehen zu helfen?"

"Ich schließe aus, dass finanzstrafrechtlich auch nur ein Funke übrig bleibt", schloss Grasser heute dazu. Das ganze Finanzstrafverfahren sei "ein frei erfundener Unsinn ohne jede Rechtsbasis, dass es wirklich schon makaber und absurd ist, dass ein ein derartiges Verfahren gibt. Das ist Willkür, meine Damen und Herren." Er habe "nichts gemacht, nichts angestellt, ich habe mir nichts vorzuwerfen", und werde sich gegen diese "Rache, Verfolgung, existenzielle Vernichtung" mit allen erdenklichen Mitteln zur Wehr setzen.

"Biblischer Hass" von "Pilz, Moser, Kräuter"

Auf die Frage, wer hinter der von ihm mehrmals behaupteten geplanten "Vernichtung" stehe, verwies Grasser auf Politiker: Die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser, der SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günter Kräuter und der Grüne Abgeordnete Peter Pilz hätten "einen biblischen Hass auf mich". Es habe viele Anzeigen gegen ihn gegeben. Weitere Spekulationen wollte er nicht namentlich äußern: "Ob jemand sagt, der Grasser kann uns politisch immer noch gefährlich werden, darüber will ich nicht nachdenken".

Genaue Angaben, wie viel Geld er für sein Engagement bei der Meinl International Power (MIP) bekommen habe, machte Grasser am Dienstag nicht. "Das kann ich Ihnen nicht genau sagen", schließlich habe er lange Zeit für den Fonds gearbeitet und sei noch immer Chairman der Meinl Power Management. In Medien wird von vier Millionen Euro für Grasser für seine MIP-Tätigkeit berichtet. In Österreich habe er alle Leistungen, die er persönlich erbracht habe, versteuert. In seiner Gesellschaft Valuecreation habe er einen Betrag von 3,5 Mio. Euro in Österreich versteuert.

"Wie bei Kachelmann"

Anwalt Ainedter verglich die ganze Angelegenheit mit der Causa des – eben vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochenen – deutschen ehemaligen Wetter-Moderators Jörg Kachelmann: "Der Mann ist ruiniert, weil alles in der Öffentlichkeit abgehandelt wurde. Und beim Strauss-Kahn wird's nicht anders sein", meinte Ainedter. Vergewaltigung sei eines der wenigen Delikte, die man Grasser noch nicht vorgeworfen habe, aber "da wird vielleicht auch noch etwas kommen", sagte der Anwalt. "Wenn's was gibt, dann soll es angeklagt werden, wenn's nix gibt, ist es einzustellen".

Grasser hielt dann noch fest, dass er "die allermeisten Organe" der Finanzbehörden "für vorbildlich und korrekt" hält. "Aber es gibt nachweislich ein, zwei, drei schwarze Schafe. Und sowohl ich selbst als auch die Justiz an sich muss das größte Interesse daran habe, dass jene schwarzen Schafe, die nachweislich Verletzungen der Grund- und Freiheitsrechte vorgenommen haben, die vorsätzlichen Amtsmissbrauch gemacht haben, indem sie vertrauliche Dokumente nicht einmal, sondern mehrmals an Medien weitergeben haben – dass man denen das Handwerk legt. Die müssen zur Verantwortung gezogen werden. So geht das nicht." (map, derStandard.at, 31.5.2011)