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Vorarlberger Kriminalisten haben wieder viel zu tun. Sie filzten die Büros der Finanz und Wohnungen von Betriebsprüfern. Beim gezeigten Bild handelt es sich um einen älteren Fall in Bregenz.

Foto: APA/Dietmar Stiplovsek

Prüft die Prüfer, heißt es derzeit in einer umfangreichen Ermittlungsaktion rund um Finanzbeamte. Diese sollen, wie der Standard erfuhr, laut den Vorwürfen Steuerprüfungen zu kulant vorgenommen haben. Vermutet werden Querverbindung zu Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser sowie zum früheren Vizekanzler Hubert Gorbach.

Wien – So mancher Finanzbeamte mutiert derzeit vom Jäger zum Gejagten. Derzeit werden in mehreren Bundesländern Fälle untersucht, bei denen der Verdacht auf wohlwollende Steuerprüfung besteht. "Das wächst sich zu einem Riesenskandal aus", meint ein Involvierter, der als Berater in einen Fall verstrickt ist. Bestätigt werden derzeit konkrete Ermittlungen nur in Vorarlberg, Insider berichten aber auch von Aktivitäten in Tirol, Salzburg, Kärnten und Wien.

Der Vorarlberger Fall ist besonders brisant, geht es doch um den mittlerweile in Ruhestand getretenen Leiter der Großbetriebsprüfung, Edelbert Meusburger, der für das Land auch im ORF-Stiftungsrat sitzt. Ihm und zwei Kollegen wird vorgeworfen, günstige Abschreibungsmethoden für die Niederlassung des deutschen Konzerns Gildemeister im Ländle sowie in Liechtenstein zumindest toleriert zu haben. Das Landeskriminalamt hat bereits Hausdurchsuchungen vorgenommen und auch das Feldkircher Finanzamt gefilzt. Es soll um rund 30 Mio. Euro Steuerhinterziehung gehen. Meusburger war für eine Stellungnahme nicht erreichbar, es gilt die Unschuldsvermutung.

Der als Vertrauter von Landeshauptmann Herbert Sausgruber geltende Prüfer ist nicht zum ersten Mal mit Vorwürfen konfrontiert. Als er vor drei Jahren ein Sonderermittlungsteam zu steuerrechtlichen Fragen rund um den Bawag-Skandal leitete, veröffentlichte der Standard mehrere Beteiligungen, die Meusburger gemeinsam mit Steuerberatern, Rechtsanwälten und Unternehmern hielt und immer noch hält. Unvereinbarkeiten sah er damals nicht.

Die Ermittler orten nun eine Querverbindung zur Causa Karl-Heinz Grasser: In den Akten Meusburgers sind Termineinträge mit dem Ex-Finanzminister sowie mit dem früheren Vizekanzler Hubert Gorbach gesichtet worden. Die Ermittler gehen offenbar dem Verdacht nach, dass günstige Steuerabmachungen politisch abgesichert worden seien.

Auch im Grasser-Verfahren wird wegen Amtsmissbrauchs ermittelt: Das Steuerverfahren gegen Grasser war vom Finanzamt Wien 1/23 ans Finanzamt Wien 9/18/19 übertragen worden. Begründet wurde der Schritt damit, dass wegen einer früheren Bekanntschaft Grassers mit ersterem Finanzamt die Unbefangenheit möglicherweise nicht gewahrt sein könnte. Aus der Finanz ist zu hören, der für das Grasser-Verfahren zuständige Staatsanwalt Gerhard Denk bearbeite nun auch den Vorarlberger Akt. Er selbst wollte das nicht kommentieren, einem Sprecher der Anklagebehörde ist die Verbindung nicht bekannt.

Zurück zu Meusburger. Was er praktiziert haben soll, gab es im österreichischen Steuerrecht bisher nicht: "Advance Ruling" – damit werden verbindliche Auskünfte der Finanz vorweg bezeichnet. Insbesondere bei der Ansiedlung internationaler Konzerne kommt es des Öfteren zu derartigen Anfragen. Sollten solche Fälle beweisbar sein, könnte es sich um Amtsmissbrauch handeln. Steuerberater berichten, dass diese Deals häufig vorkommen – insbesondere, wenn die Steuerberater über gute Kontakte verfügen. Seit heuer existiert der sogenannte Auskunftsbescheid, mit dem man den Steuerpflichtigen vorweg für einen bestimmten Sachverhalt die Steuerlast kundtut.

Der bekannte deutsche Konzern Gildemeister beziehungsweise dessen Chef Rüdiger Kapitza war übrigens bereits 2008 mit der Justiz konfrontiert. Der Verdacht auf Kick-back-Zahlungen via Vertriebsholding und Agentur Montfort Werbung in Vorarlberg hatte sich aber nicht bestätigt. Die Ermittlungen wurden zwar eingestellt, allerdings bezahlte Gildemeister ein Bußgeld. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.5.2011)