Foto: Rottenberg

Vergangene Woche traf ich dann auf einen Zugsbegleiter, der mich fragte, wieso ich ihm mein Handy vor die Nase hielte. Und der mich danach bat, ihm zu erklären, was er mit dem ÖBB-SMS-Ticket tun solle: Er habe, sagte der Mann, im REX zwischen St. Pölten und Wien, nämlich noch nie eines gesehen: „Ich habe geglaubt, das funktioniert eh nicht."

Freilich: So stimmt das nicht: Einmal durchschaut, ist das SMS-Ticketsystem der ÖBB (so der Fahrgast nicht zum Bahnhof erklärt wird - siehe "Das Mysterium der ÖBB-SMS-Tickets" und "Das ist Wahnsinn") eine kommode, schnelle und effiziente Sache. Eine zeitlang - aber dann geht nix mehr. Und es wird mühsam: Als Kunde hat man es jetzt nämlich mit drei Unternehmen zu tun - und deren Servicemitarbeiter behaupten, die jeweils andere Firma sei zuständig. Aber der Reihe nach.

Das Limit

Neulich - ich wollte von Schärding nach Wien fahren - bockte die SMS-Ticketverkaufsstelle. Statt des Tickets kam SMS: Mein „Tages- bzw Monatslimit" sei überschritten. (Siehe Screenshot). Die paybox-Servicenummer - natürlich eine Mehrwertnummer - könne mir helfen, falls daran etwas unklar sei.

Mir war etwas unklar: Von Limits fand ich auf der ÖBB-Homepage beim SMS-Ticket-Kapitel nämlich nichts. Also rief ich an. Die paybox-Callcenterdame war genervt: Mein paybox-Limit stünde im Vertrag. Oder den AGBs. Oder der Homepage. Aber ohne Konto-Passwort werde sie mir nicht weiterhelfen. Ich staunte: Bis soeben hätte ich nicht einmal von der Existenz des paybox-Kontos gewusst. Ich wolle bloß ein Zugsticket, sei Kunde der ÖBB - wozu also Konto, Passwort oder Limit bei paybox?

100 im Monat

Der Callcenterdame war das egal: Mein Monatslimit betrage 100 Euro. Erhöhen ginge - wenn überhaupt - nur mit Passwort. Alles andere sei Sache der ÖBB: paybox sei Abwickler - und sonst für nichts zuständig.

Doch bei der Bahn war man so freundlich wie ratlos: Limit? Nie gehört. Da könne man nicht helfen. Aus einem einfachen Grund: Man sei nicht zuständig. Der Handyticketverkauf laufe über die Mobilfunkbetreiber. Wenn etwas nicht funktioniere, sei das also deren Sache. Ich möge dort anrufen - ja, auch wenn es um eine Leistung der ÖBB ginge. (Die Frage, ob ein Installateur wohl seinen Kunden fehlende Dichtungen und defekte Kleinteile reklamieren schicken würde, wenn er das Waschbecken eingebaut hat, sei nicht angebracht, hieß es dann noch. Das sei nämlich etwas anderes.)

Wissend, was kommen würde, rief ich bei meinem Mobilfunkbetreiber an. Das Callcenter war freundlich - und nicht zuständig: Einkaufen via Handy? paybox. Immer. Wenn etwas nicht funktionier: Mit paybox klären. Auch immer.

Aufgeben, Abschasseln, Antworten?

Hier hätte ich als Normalkunde aufgegeben - und nie wieder ein SMS-Ticket gekauft. Als Journalist wandte ich mich aber an die drei Pressestellen: Die Auskünfte beim ersten Rundruf waren - bei Paybox, Bahn und T-Mobile - inhaltlich ident mit denen der Callcenter: Blöde Sache. Noch nie davon gehört. Aber zuständig sei das andere Unternehmen.

In der zweiten Runde war den Presseleuten dann klar, dass Abschasseln ungleich Antworten ist. Nach einer Woche trilateraler Konsultationen zwischen den Unternehmen (in das auch paybox-Betreiber mobilkom irgendwann einstieg), wusste ich dann dreierlei:
1.) Die Sache ist kompliziert.
2.) Bisher hatte sich darüber noch nie jemand den Kopf zerbrochen. Auch, weil
3.) noch nie ein Kunde mit diesem Problem bis an eine Stelle durchgedrungen war, wo man ihm zugehört hätte. (Von sich aus hatte kein Konzern das Szenario je bis ans Ende durchgedacht.

Das Konstrukt

Der SMS-Ticketkauf läuft über drei Firmen - ohne dass der Kunde es merkt: Die ÖBB lässt den Verkauf über die Mobilfunker abwickeln. Die schließen Verträge mit paybox ab: Um den Kunden vor Verträgen, Kontogebühren, Bankgarantien und Unterschriften zu verschonen, sind das vom Mobilfunkbetreiber „gesponserte" Konten. Der Handyprovider bürgt für den Kunden - und legt daher in einem pauschalen Rahmenvertrag mit paybox Limits fest.

Der Kunde bekommt das nicht mit: Er wählt die ÖBB-SMS-Nummer - und stimmt durch die erste Bestellung, dem Prozedere zu. Wie das aussieht fände er - wenn er je danach suchen würde - nirgendwo: Sogar ÖBB-intern dauerte es eine Woche, Konstrukt und Limits zu ermitteln.

Die Limits stehen nirgends. Sie variieren von Mobilfunkanbieter zu Mobilfunkanbieter. Aber sie sind fix: Kunden, paybox-Mitarbeiter, Mobilfunk-Serviceleute oder ÖBB-Kundenbetreuer können sie nicht ändern. Sollte das Limit erreicht werden, steht der Kunde blöd da: Wer nur einen Cent darüber kommt, bekommt kein Ticket. Das kann - wenn man das schnelle System kurzfristig nutzt - auf Selbstbedienungsstrecken teuer werden.

Und jetzt?

paybox und T-Mobile ist die Sache unangenehm. Kunden, heißt es bei T-mobile, sei die Kette der Subunternehmer egal. „Die Leute wollen, dass ein angebotenes Service auch funktioniert. Wir hören zwar zum ersten Mal von diesen Problemen - aber das ist ein guter Grund, sich das anzusehen." paybox fände es gut, „etwaige Limits dort zu kommunizieren, wo der Kunde von diesem Service erfährt. Derzeit weiß vermutlich niemand, dass es sie überhaupt gibt."

Bei der Bahn fühlt man sich zu Unrecht kritisiert: „Wir sind nicht zuständig." Das würden auch die Fakten belegen: Man sei noch nie mit dem Problem konfrontiert gewesen. Ob das eventuell daran liegen könnte, dass Kunden aufgeben, wenn sie sich im Kreis geschickt fühlen, oder aber ob das SMS-Ticket so selten genutzt wird, dass kaum ein Kunde je ans Limit stößt, bleibt offen.

Die SMS-Ticket-Ahnungslosigkeit des Zugsbegleiters im Wiesel zwischen St. Pölten und Wien spricht aber wohl für letztere Deutung.