Großer Andrang bei der Barrio-Versammlung in Aluche

Foto: Bert Eder

Der Redner berichtet von der Puerta del Sol

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Abstimmung über die vier Grundforderungen: Niemand ist dagegen

 

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Das "Respekt-Kommittee" verteilt Wasserflaschen und Sonnencreme.

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Am Sonntag wurden die Ergebnisse der Barrio-Versammlungen auf der Puerta del Sol verkündet.

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Seit zwei Wochen wird auf der Madrider Puerta del Sol debattiert, welche Veränderungen man erreichen will. Am Samstag hielten die Protestierenden in zahlreichen Städten und Staddteilen Versammlungen ab, um auch Bevölkerungsteile, die es nicht ins Zentrum schaffen, einzubeziehen.

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Im Arbeiter-"Barrio" Aluche (Landkarte), mit der U-Bahn eine halbe Stunde vom Sol entfernt, kamen über 1.500 Madrider in der prallen Mittagshitze vor einem Einkaufszentrum  zusammen. Spanienweit waren es den Organisatoren zufolge 20.000.

Zuerst wurde über die vier Grundforderungen der Demonstrierenden abgestimmt, gegen die kaum jemand etwas einzuwenden hatte.

Komplizierter wurde die Debatte über die Wünsche der lokalen Bevölkerung: Aluche gehört mit  sieben anderen "Barrios" zum Wahlbezirk Latina, weshalb die in den 50er Jahren für Zuwanderer aus der armen Provinz Extremadura aus dem Boden gestampfte Wohngegend von der konservativen PP regiert wird.

Für oder gegen Abspaltung Aluches?

Ein älterer Herr, der berichtete, noch gegen das Franco-Regime gekämpft zu haben, forderte deswegen die Abspaltung Aluches: "Dieser Bezirk wächst und wächst, schneller als (das Industriegebiet, Anm.) Getafé, warum sollen wir nicht selber bestimmen dürfen, wer uns regiert?"

Ein Redner, der gegen die "franko-deutsche Diktatur" wetterte und gleich auch noch die Monarchie abschaffen wollte, erntete skeptische Blicke. Mittlerweile hatten sich die letzten Wolken verzogen, und es wurde debattiert, ob man die nächste Stadtteilversammlung nicht an einem schattigeren Platz oder am Abend abhalten sollte.

Sprecherin für die Puerta del Sol

Für die spanienweite Debatte am Sonntag auf der Puerta del Sol wurde eine Sprecherin gewählt. Mittlerweile war es 15 Uhr geworden, und immer mehr Leute verließen den Platz.

Die Rednerin, die eine geschlechtergerechte Sprache einforderte (das Spanische kennt kein Binnen-I, weshalb dann von "todas y todos" die Rede ist), hatte kaum noch Publikum, und schließlich wurde die Veranstaltung unter "Aucha lucha"-Rufen (Alucha kämpft) plangemäß beendet.

Zwei Minuten pro "Barrio"

Bei der Versammlung auf der Sol am Sonntagmittag kamen das die Sprecher der einzelnen Versammlungen zu Wort. Der Andrang war groß, so dass pro Person nur zwei Minuten Redezeit eingeplant sind. Alle Versammlungen waren unerwartet gut besucht, viele Barrios wollen sich in Zukunft regelmäßige Treffen abhalten.

Als eine Solidaritätsbekundung der 20.000 Protestierenden, die vor der Pariser Bastille standen, verlesen wurde, brandete Jubel auf. Auch die rumänischen Immigranten in Spanien schickten eine Nachricht geschickt und versicherten, die Bewegung des 15. Mai nach Bukarest tragen zu wollen.

Die Erwartung, dass die "Erste spanienweite Generalversammlung" eine Entscheidung über einen möglichen Abzug aus dem Madrider Stadtzentrum bringen könnte, wurde nicht erfüllt: man entschloss sich zu bleiben, bis die Bewegung in den Barrios gefestigt ist. Danach will man nur noch einen Infostand auf der Puerta des Sol belassen, sich aber am 15. jedes Monats dort treffen. (Bert Eder aus Madrid/derStandard.at)