Foto: der standard/matthias cremer

Ist es eigentlich aufgefallen, dass einige der gleichen Leute, die stets gegen die Macht der Bankenlobby wettern, Erste-Group-Chef Andreas Treichl Applaus spendeten, als er mit etwas heftigen Worten („zu blöd, zu feig und ahnungslos“) der österreichischen Politik Versagen bei der der Durchsetzung nationaler Bankeninteressen vorgeworfen hat?

Dabei war das, was Treichl betrieben hat, reiner Banken-Lobbyismus – und wie jede Lobby-Tätigkeit weder objektiv und ehrlich.

Wie die Finanzmarktaufsicht nun feststellt, ist Treichls Vorwurf, dass die neuen Basel III-Eigenkapitalvorschriften und deren Umsetzung in der EU würden Unternehmenskredite an KMUs unverhältnismäßig benachteiligen, weil diese mit besonders viel Eigenkapital unterlegt werden müssen, nicht ganz korrekt.

Womit Treichl recht hat, ist die Kritik an der Sonderstellung von Staatsanleihen aus dem Euroraum, die weiterhin als risikolos gelten – was angesichts der Beinahe-Pleite von Griechenland und den Bonitätsproblemen von Irland und Portugal tatsächlich absurd ist.

Aber Treichl und seine Banker-Kollegen wollen nicht, dass sie für Staatsanleihen mehr Eigenkapital in ihren Büchern beiseitelegen müssen. Sie wehren sich insgesamt gegen die Verschärfung der Vorschriften, weil diese den Banken in den kommenden Jahren viel Geld kostet wird.

Aber hier liegt der Bankensektor falsch: Die Verschärfung ist dringend notwendig, denn größere Eigenkapitalpuffer sind das beste Mittel, um zukünftige Bankenkrisen zu vermeiden. Die Argumente der Banker dagegen – dass strikte Auflagen für die Kreditvergabe den Wirtschaftsaufschwung hemmen – sind nicht nachvollziehbar. Wachstum, das auf lockere Kredite basiert, ist nie nachhaltig.

Mit solchen Argumenten dienen die Banker den Interessen ihrer Unternehmen und Aktionäre, nicht der Allgemeinheit. Würden die Politiker den Bankern hier nachgeben,  dann wären sie tatsächlich „zu blöd und zu feig“.

Leider ist genau das bereits anderswo zu beobachten. Wie die Financial Times am Freitag berichtet hat, sieht der jüngste Entwurf der EU-Kommission für die Basel III-Umsetzung einige Ausnahmen vor, die einer Handvoll großer europäischer Banken entgegenkommt. So kann das Kapital von Versicherungstöchtern von Bankenkonzernen besser verwertet werden. Außerdem wird die Frist für so genannte Hybrid-Kapital, also Vorzugsaktien und anderen Zwischenstufen zwischen Eigen- und Fremdkapital,  um einige Jahre verlängert werden.

Das sind komplexe technische Details, die allerdings französischen und britischen Großbanken in den kommenden Jahren sehr viel ersparen kann. Und wenn diese Abänderungen wirklich zustande kommen, dann ist das die Folge des intensiven Lobbyismus der Banken, die zuerst Druck auf ihre Regierungen ausüben und diese dann auf die EU-Kommission.

Die vehemente Reaktion von Binnenmarktkomissar Michel Banier deutet darauf hin, dass genau das im Gang ist.

Treichls wahre Botschaft lautete daher: Unsere Politiker sind zu feig, blöd und ahnungslos, um ebenso hart für die Partikularinteressen von Erste, Raiffeisen & Co wie die großen EU-Staaten zu kämpfen.

Da aber sollte nicht die Hauptaufgabe von Politikern sein – vor allem nicht, wenn es um die zukünftige Sicherheit des Finanzsystems geht.