Wien - Wiens Bürgermeister Michael Häupl ist am Samstag als Vorsitzender der Landes-SPÖ bestätigt worden - allerdings mit einem deutlich schlechteren Ergebnis als 2009. Beim 66. Parteitag im Austria Center erhielt Häupl nur noch 89,2 Prozent oder 794 von 890 gültigen Delegiertenstimmen. Bei der vergangenen Wahl im Jahr 2009 konnte der neue alte Landesvorsitzende noch mit 98,1 Prozent sein bis dahin bestes Ergebnis einfahren.

Häupl ist seit 1993 Chef der roten Landesgruppe. Bei seiner ersten Wahl kam er auf 83,1 Prozent Zustimmung. Alle späteren Ergebnisse lagen deutlich darüber - und auch über dem heutigen, das somit das zweitschlechteste in der Karriere des Wiener SPÖ-Chefs darstellt.

Noch weiter in der Gunst der SPÖ-Delegierten stürzten Vizebürgermeisterin Renate Brauner und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely ab. Sie lagen sogar deutlich unter 80 Prozent. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig konnte hingegen in der Wahl des Vorsitzenden und der fünfköpfigen Stellvertreterriege überraschenderweise die meisten Stimmen einfahren. Er schaffte auf Anhieb 90,3 Prozent.

Mehr Stimmen für Ludwig als für Brauner

Michael Ludwig, der nach der Wien-Wahl seinen Vizebürgermeistertitel verlor, erzielte in der Vorstandswahl somit um beinahe 20 Prozentpunkte mehr als Vizebürgermeisterin Renate Brauner. Sie konnte lediglich 72,1 Prozent der Delegierten hinter sich versammeln. Das sind um 12,7 Prozentpunkte weniger als 2009, wobei die Finanzstadträtin bereits damals deutliche Stimmenverluste hinnehmen musste. Brauner erhielt somit das schlechteste Resultat im Führungsteam der Wiener SPÖ-Landesgruppe.

Der Vergleich ist deshalb nicht uninteressant, da sowohl Brauner als auch Ludwig als potenzielle Kandidaten für den Bürgermeister-Sessel gehandelt werden. Dass der Wohnbaustadtrat - er rückt als Stellvertreter Johann Hatzl nach, der im April verstorben ist - die meisten Stimmen erhielt, ist zudem bemerkenswert, da neue Mitglieder der Stellvertreterriege bei ihrer ersten Wahl für gewöhnlich ein eher niedriges Ergebnis einfahren.

Nicht nur Brauner, auch Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely wurde von den Genossen merkbar abgestraft. Sie fiel um 11,4 Prozentpunkte auf nunmehr 76,3 Prozent.

Verluste mussten auch die übrigen Stellvertreterinnen hinnehmen. Ruth Becher, die erstmals in dieser Funktion kandidierte, kam auf 97,1 Prozent. Das Ergebnis von Kathrin Gaal lag bei 79,6 Prozent (2009: 82,2).

Lügen offensiver entgegentreten

Häupl hat sich beim Wiener SP-Parteitag am Samstag dafür ausgesprochen, der FPÖ künftig stärker Paroli zu bieten. Man werde verstärkt daran erinnern, was unter Schwarz-Blau passiert sei, kündigte Häupl an: "Zu viel bleibt in der Auseinandersetzung mit der FPÖ und den Freiheitlichen einfach im Raum stehen." Man müsse den "Lügen" von FP-Chef Heinz-Christian Strache "viel offensiver" entgegentreten, forderte der Wiener Bürgermeister.

Häupl warnte vor einem "nicht unerheblichen Frustpotenzial" in der Stadt. "Sündenbockphilosophen" und Hetzer würden sich dieses zunutze machen. Vieles erinnere ihn an "Kampf um Berlin" von Joseph Goebbels: "Wer sich dieses Buch vor Augen führt, fühlt sich bedauerlich an heutige Zeiten erinnert, das ist fast ein Deja-Vu." Damals seien die Juden das Feindbild gewesen: "Heute heißt es wohl allgemein Ausländer."

Die Diskussion darüber, wer die wirklichen Sozialschmarotzer seien, lohne allemal. Man müsse Klartext sprechen und sagen, wie die Wirklichkeit aussieht: "Es hat keinen Sinn, ihm was nachzubrabbeln oder von der anderen Seite mit Unwahrheiten zu kommen. Es ist völlig genügend, seinen (Straches, Anm.) Lügen die Wahrheit gegenüber zu stellen."

Gerade die Freiheitlichen hätten es "absolut notwendig", den Solidarbeitrag für Griechenland im Ausmaß von 1,2 Mrd. Euro zu kritisieren, so Häupl sarkastisch. Denn der Einsatz für die Hypo in Kärnten habe 20 Mrd. Euro gekostet. "Der Herr, der sich am meisten drüber aufregt, der hat so viel Butter am Kopf, dass er wie ein Germknödel ausschaut. Diese Heuchelei sollte man auch in aller Deutlichkeit benennen", forderte Häupl.

"Grüne immer vernünftiger"

Er sprach sich für ein gemeinsames Vorgehen in Sachen Integration und Zusammenleben aus, zu dem er auch "ehrliche Christlichsoziale" und die Grünen, die er in diesem Zusammenhang einen "immer vernünftiger werdenden Partner" nannte, einlud: "Dieses gesellschaftliche Bündnis in den Fragen der Integration von allen, die guten Willens sind, das ist von uns herbeizuführen und von uns zu schmieden."

Und natürlich werde man die Leute erinnern, was die schwarz-blaue Regierung getan habe: "Man hat das ja alles erlebt. Die Hypo ist nur ein Teil, Buwog, Bereicherungen ohne Ende." Wer aus Frust FPÖ wähle, dürfe danach nicht jammern. Aufgabe der Sozialdemokraten sei es nun, dafür zu sorgen, dass man nicht nur die Köpfe der Menschen erreiche. Denn wenn man frage, wer die besten Konzepte habe, dann würden viele sagen: die SPÖ. Wenn man die Leute frage, wer sie besser verstehe, laute die Antwort jedoch: die FPÖ und der Herr Strache.

"Nicht die Herzen, nicht die Emotionen"

"Das heißt, wir erreichen nicht die Herzen und nicht die Emotionen", beklagte Häupl. Zusatz: "Wenn mir jemand sagt, wie man das lösen kann, dann werde ich ihn küssen und ihm zwei Stunden lang zuhören. Das wäre ein Wunderwuzzi." Wichtig sei jedenfalls, sich der Frage der sozialen Gerechtigkeit zu widmen, in Wien, aber auch in Europa bzw. in der Europäischen Union.

Was er nicht nachvollziehen könne, sei die "Weinerlichkeit unserer Banken", verriet Häupl weiters. Man solle gelegentliche Anfälle eines Bankers nicht auf die Goldwaage legen. Ein Depp sei man jedoch dann, wenn man sich eine solche Beschimpfung auch noch gefallen lasse. "Das wäre eine Spur zu viel", befand Häupl, ohne den Chef der Erste Bank, Andreas Treichl, namentlich zu erwähnen. Treichl hatte Politiker zuletzt unter anderem als ahnungslos und blöd bezeichnet.

Die Wiener SPÖ veranstaltet am Samstag, im Austria Center ihren 66. Landesparteitag. Es ist der erste nach Bildung der rot-grünen Koalition im vergangenen Herbst. Das Motto lautet: "Damit was weitergeht. Der Wiener Weg. SPÖ." (APA)