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Palästinenser überqueren den Grenzübergang Rafah in Richtung Ägypten. Die Grenze soll nun sechs Tage in der Woche offen sein. Israel befürchtet, dass Waffen geschmuggelt werden könnten.

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Der Grenzübergang Rafah ist nun dauerhaft geöffnet.

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Der einzige Grenzübergang zum Gazastreifen, der nicht von Israel kontrolliert wird, soll nun dauerhaft geöffnet bleiben. Die neue Regierung in Kairo löst damit ein Versprechen ein und demonstriert die neue Außenpolitik.

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Seit Samstag 9 Uhr in der Früh ist der ägyptische Grenzübergang zum Gazastreifen in Rafah offen. Das wird in Zukunft sechs Tage die Woche der Fall sein. Es gibt klare Öffnungszeiten und klare Bestimmungen, wer welche Papiere benötigt. Männer zwischen 18 und 40 Jahren müssen sich ein Visum beschaffen, was mehrere Wochen dauern kann. Für alle andern der 1,5 Millionen Einwohner des Gazastreifens gilt nun Reisefreiheit nach Ägypten.

Etwas mehr als 350 Palästinenser und Palästinenserinnen haben am Samstag die Grenze in Rafah Richtung Ägypten überquert, rund 150 Menschen strömten in die Gegenrichtung, viele bepackt mit elektronischen Geräten. Hunderte weitere folgten am Sonntag.

Rafah ist das einzige Tor zum Gazastreifen, das nicht von Israel kontrolliert wird. Der Übergang ist nur für Personen. Güter werden hier keine abgefertigt. Es gibt keine Einrichtungen für den Transit von Waren in großen Mengen. Eine Ausnahme sind Medikamente und medizinische Ausrüstungen von Hilfsorganisationen, die über diesen Weg in den Gazastreifen gelangen.

Es gelten strenge Sicherheitskontrollen, wie sie schon seit Jahren angewandt wurden, wenn die Grenze jeweils für kurze Zeit geöffnet wurde, vor allem um Kranke, Studenten und Mekka-Pilger ein- und ausreisen zu lassen. Mit dem Hinweis auf dieses Kontrollsystem entgegnen die ägyptischen Behörden den israelischen Befürchtungen, es könnten Waffen geschmuggelt werden. Für Waffen eignen sich die rund 500 Tunnels, über die bisher Waren in den Gazastreifen gelangt sind, besser.

Mit der permanenten Öffnung der Gaza-Grenze löst die Regierung in Kairo ein Versprechen ein, das sie Ende April gegeben hatte, nach der erfolgreichen Vermittlung eines Abkommens zwischen den palästinensischen Rivalen Hamas und Fatah.

Bruch in der Außenpolitik

Der Entscheid ist ein radikaler Bruch mit der Außenpolitik unter Ex-Präsident Hosni Mubarak, der die israelische Blockadepolitik trotz massiver Kritik im eigenen Land über vier Jahre mitgetragen hatte. Wie eine Sprecherin des Außenministeriums in Kairo betonte, sei der Schritt erfolgt, um das Leiden der Menschen im Gazastreifen zu lindern. Er sei ohne Konsultationen oder Absprachen mit andern Ländern unternommen worden.

Die Außenpolitik ist eines jener Felder, das nach der ägyptischen Revolution des 25. Jänner die dramatischsten Veränderungen gesehen hat. Architekt der Neuausrichtung ist Außenminister Nabil Elaraby, der auf Vorschlag der Jugendbewegung von den Generälen auf den Posten berufen wurde.

Der 75-jährige, versierte Diplomat hat in wenigen Wochen neue Akzente gesetzt. Im Vordergrund stehen nun die ägyptischen Interessen, und Kairo ist nicht mehr, wie bisher, in erster Linie ein Vertreter der amerikanischen Interessen in der Region.

Das Ziel ist klar; das neue, demokratische Ägypten will die alte Bedeutung als Regionalmacht zurückgewinnen.

Die neue Strategie zeigt sich vor allem in drei Bereichen schon ganz konkret. Das sind neben dem israelisch-palästinensischen Konflikt die Beziehungen zum Iran und zu den afrikanischen Ländern des Nilbassins. Im Fall von Israel bleibt zwar der Friedensvertrag unangetastet, Kairo will aber mehr tun, um den Menschenrechten der Palästinenser Geltung zu verschaffen. Israel als Staat soll keine Präferenz oder Priorität gegenüber anderen Ländern mehr genießen. Die Gaza-Blockade war in den Augen der ägyptischen Bevölkerung ein Schandfleck, den sich nur ein autoritäres Regime leisten konnte. (Astrid Frefel aus Kairo /DER STANDARD, Printausgabe, 30.5.2011)