Wien - Die neue Antikorruptionsbehörde der Justiz, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit Sitz in Wien, ist zwar noch nicht aktiv - dafür wackelt sie aber schon wieder. Je näher der Termin des Startschusses für die Behörde rückt, desto lauter werden die Bedenken dagegen - und die neue Justizministerin, Beatrix Karl, lässt schon den Status quo erheben und über Alternativmodelle nachdenken.

Am 1. September soll die Behörde gemäß einer Gesetzesnovelle, die unter Ex-Ministerin Claudia Bandion-Ortner unter dem Titel Korruptionsbekämpfung beschlossen wurde, mit 25 Staatsanwälten ihren Dienst aufnehmen. Bis 2013 soll der Personalstand auf 40 Staatsanwälte steigen - allein, es fehlen die Leute.

Bis jetzt sind (Teilzeit-Bedienstete eingerechnet) 9,5 Staatsanwälte in dem großen Altbau-Büro in der Universitätsstraße tätig. Weitere vier Ankläger sind zwar ernannt, wie das im Justizjargon heißt, aber sie arbeiten derzeit noch in anderen Bereichen.

Geführt wir die Behörde vom derzeitige Chef der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, der nicht müde wird, den bereits jetzt bestehenden Personalmangel der Behörde anzuprangern.

Zwar hat die Oberstaatsanwaltschaft Wien recht unorthodoxe Anwerbungsversuche unternommen und etwa per Inseraten in Publikationen der Rechtsanwaltskammern nach Staatsanwälten gefahndet, ins Netz gegangen ist ihr aber kaum jemand. "Das Gesetz wird nicht vollzogen werden können, die WKStA war ein Schnellschuss und wird in der geplanten Form nicht funktionieren", sagt denn auch der Sprecher der Staatsanwälte, Gerhard Jarosch.

Abgespeckte Variante

Die Staatsanwälte hatten bereits bei der Gesetzesreform schwere Bedenken angemeldet. Umso mehr, als der ursprüngliche Plan des "Maßnahmenpakets zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korruption" unter Bandion-Ortner ganz anders ausgesehen hatte. Geplant war die Schaffung von vier "Wirtschaftskompetenzzentren" in Wien, Linz, Graz und Innsbruck mit speziell ausgebildeten Staatsanwälten für Wirtschaftsdelikte.

Das wurde - notabene: nach der Begutachtung und unter Protest von Staatsanwaltschaft und Richtervereinigung - gekippt. Übrig blieb die zentrale WKStA in Wien und vor allem ohne Kompetenz für die Verfolgung von Amtsmissbrauchsfällen. Die Justizministerin schaut sich die Sache nun noch einmal an, lässt Alternativkonzepte prüfen, heißt es.

Der Start der neuen Behörde am 1. September stehe aber nicht in Frage, beteuert man im Ministerium. (Renate Graber, DER STANDARD; Printausgabe, 27.5.2011)