Wiener Küche kann so verdammt gut sein.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Vor allem wenn sie von Josef Hohensinn gekocht wird.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Man wird kaum einen anmutigeren Hofgarten finden als jenen, der seit ein paar Wochen das Glück hat, zum Restaurant von Josef Hohensinn und Annabelle Borchard zu gehören. So die Sonne scheint, darf der Gast den Eingang zum Restaurant rechts liegen lassen und durch das gastfreundlich geöffnete Haustor direkt in den Garten treten, wo weißgedeckte Tische unter alten Bäumen stehen und am Ende des Hofes ein bezauberndes Salettl darauf wartet, wachgeküsst zu werden. Ist das schön! Wenn alles glattgeht, sollen darin bald intime Diners und Ähnliches stattfinden dürfen - Hohensinn verhandelt gerade.

Aber auch so ist dem langjährigen ersten Mann in Reinhard Gerers Küchen zu gratulieren: Das Lokal in der Josefstadt erscheint als idealer Ort, um die hohe Schule der Wiener Küche auf jene souveräne Art zu zelebrieren, die Hohensinn eigen ist.

Größe der Wiener Küche

Noch ist es nicht zu heiß, um auch tagsüber jene Herrlichkeiten zu genießen, die er aus Innereien zu fertigen weiß. Ein schaumig pochiertes Kalbshirn mit brauner Butter etwa, dass in der Kombination mit Blattspinat und Kräuterseitlingen selbst notorische Angsthäschen vom kulinarischen Mehrwert solch angeblich niederer Genüsse zu überzeugen wüsste - so sie sich nur trauen würden.

Dasselbe gilt auch für die Kutteln, das Beuschel, die sautierten Kalbsnieren: Hier geraten sie zu Delikatessen, die jene Größe der Wiener Küche offenbar werden lassen, welche andere nur zu gern für ihre Fritterschnitzel und zerkochten Rindfleischbrocken reklamieren.

Ganz große Fischküche

Aber keine Sorge: Hohensinn kann auch ganz federleicht kochen. Ein lauwarmer Fenchelsalat mit allerhand frischen Kräutern gerät zur duftigen Ahnung von Sommerfrische. Sauer marinierte Saiblingsfilets auf Tomaten-Gurkentartare (siehe Bild) klingen nur so, als ob Essig ihnen allen Saft entzogen hätte - tatsächlich sind sie zart und vermitteln nur eine animierende, appetitanregende Idee von delikater Säure.

Finessen wie diese stehen auf der Karte oder Tafel. Noch besser isst aber, wer Hohensinn freie Hand lässt. Dann kann da plötzlich ein pochierter Wels im Ganzen aus der kupfernen Turbotière auftauchen, der bei Tisch in zart glasige Portionen zerteilt, mit Petersilerdäpfeln, Spinat und nicht zu wenig zerlassener Butter versehen und mit ein par Krenflocken bestreut wird - ganz große Fischküche, ganz puristisch dargebracht. Was nicht fehlen darf: Der Hinweis auf das beste Gulasch der Stadt! (Severin Corti/Der Standard/rondo/27/05/2011)