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Die Menge des Kunststoffs, der in den vergangenen 100 Jahren produziert wurde, würde reichen, um den gesamten Erdball sechsmal einzupacken. Ein Umdenken hat kaum stattgefunden: Immer noch werden zum Beispiel jedes Jahr 144 Milliarden PET-Flaschen produziert. Dabei hat die einmalig verwendete Plastik- längst die Glas- oder Mehrweg-PET-Flasche vom Markt verdrängt. Auch in Österreich gelangen jährlich rund 37.000 Tonnen Plastikflaschen in den Handel. Der Mehrweganteil sank dabei von 1994 bis 2009 von 96 auf 18,1 Prozent. 500 TeilnehmerInnen zwischen 18 und 65 Jahren wurden nun vom Institut marketagent.com zu ihrem Getränkekonsum sowie Umweltbewusstsein in Bezug auf die Plastikflaschen-Problematik befragt*.

Das fehlende Umweltbewusstsein

Laut Umfrage fallen bei mehr als einem Fünftel der österreichischen Haushalte pro Woche 11 bis 20 oder sogar mehr leere Plastik-Getränkeflaschen an. Bei weiteren 30 Prozent sind es sechs bis zehn Flaschen. Nur in fünf Prozent der Haushalte fallen gar keine Plastik-/PET-Flaschen an. Dabei sind sich laut Umfrage die ÖsterreicherInnen der Umweltbelastung bewusst: 77 Prozent gaben als größten Nachteil der PET-Flasche die Verursachung von viel Müll an. Auch der hohe Ressourcenverbrauch bei der Plastikflaschenherstellung (47 Prozent) sowie die Belastung der CO2-Bilanz (44 Prozent) wurden von vielen Befragten genannt. Mit jeweils 22 Prozent bemängelt fast ein Viertel die umständliche Entsorgung.

Auf die Frage, was die Vorteile seien, gab es vier Spitzenreiter: Leichtes Gewicht mit 69 Prozent, Praktikabilität vor allem für unterwegs mit 62 Prozent, die Möglichkeit die Flasche wieder zu verschließen mit 56 Prozent sowie die Nicht-Zerbrechlichkeit mit 54 Prozent. Über die Umweltprobleme sowie den hohen Ressourcenverbrauch für Produktion und Recycling wussten die meisten der Befragten jedoch nicht Bescheid. So war beispielsweise für mehr als zwei Drittel der Studienteilnehmer (68 Prozent) neu, dass drei Liter Wasser benötigt werden, um einen Liter Wasser in eine PET-Flasche abzufüllen.

Die Nachteile

141 Milliarde Plastikflaschen und Aluminiumdosen werden weltweit jährlich nicht recycled und trotz steigender Recycling-Zahlen in Europa werden auch dort nur 48,4 Prozent der PET-Flaschen eingesammelt. Peter Molnar, Geschäftsführer von Klimabündnis Österreich, berichtet von den Auswirkungen: "80 Prozent des Kunststoffmülls gelangen über Flüsse oder gleich direkt in die Ozeane. Laut einer Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) treiben bis zu 46.000 Plastikteile in jedem Quadratkilometer der Weltozeane." In den Weltmeeren ist heute sechs Mal mehr Plastikmüll zu finden als Plankton.

"Zwischen Hawaii und dem amerikanischen Festland treibt eine Plastikinsel so groß wie Mitteleuropa, die drei Millionen Tonnen wiegt", informiert Christian Pladerer, Vorstandsmitglied des Österreichischen Ökologie Instituts. Fische und andere Meerestiere halten die Teilchen mit einem Durchschnittsgewicht von 1,8 Milligramm für Plankton und fressen sie. Die Folge: Das Plastik verstopft die Mägen der Tiere. So ist es nicht mehr weit, bis der Plastikmüll schlussendlich auf die Teller gelangt.

 

Die Produktion

Doch es bleibt nicht nur bei der Verschmutzung durch achtlos weggeworfene Flaschen oder der Müllverbrennung. Im Detail enthält eine PET-Flasche rund 25 Gramm Erdöl, wobei dieses der teuerste Bestandteil ist. Eine Mehrweg-PET-Flasche kann immerhin bis zu 20 Mal wiederverwendet werden. Noch besser ist jedoch die Glasflasche: Sie schafft bis zu 40 Zyklen.

Die Alternativen

"Das ist der Tod für die Abfallwirtschaft und für normales Denken", sagt Universitätsprofessor Gerhard Vogel vom Institut für Technologie und nachhaltiges Produktmanagement an der Wirtschaftsuniversität Wien. Die beste Lösung für im Supermarkt gekaufte Getränke seien die PET-Mehrweggebinde, da Glas viel mehr Energie bei der Herstellung benötigt, so der Experte. Doch die mehrfach verwendbaren Plastikflaschen sind nicht mehr erhältlich. Die Vöslauer-1-Literflasche, auf der "Pfandflasche" steht, sei nur eine Zweiwegflasche, wird also nicht mehrere Male in den Handel gebracht und auch nur zum Teil recycelt.

Trinkwasser ist immer verfügbar und qualitativ hochwertig. Außerdem fließt es kostengünstig und bequem ins Haus. Dennoch schleppt der/die durchschnittliche ÖsterreicherIn bereitwillig pro Jahr viele Kilo Wasser nach Hause. Die Befragten gaben an, dass sie aus Mangel an Alternativen nicht auf Getränke verzichten wollen, die es nur in PET-Flaschen gibt. Viele Leute trinken zum Beispiel kein Leitungswasser, weil ihnen die Kohlensäure fehlt. Ein Trinkwassersprudler stelle hier zum Beispiel eine Alternative dar, sagt Vogel. Aus einem Gaszylinder, der wiederbefüllt werden kann, presst das Gerät Kohlensäure ins Wasser.

Die Forderungen

Molnar von Klimabündnis Wien kritisiert: "Obwohl die Prioritäten eigentlich klar sind, werden sie völlig ungenügend in der österreichischen Politik umgesetzt. Seit Jahren sind Einweggetränkeverpackungen auf dem Vormarsch und obwohl sich die Bundesländer seit Jahren für wirksame Maßnahmen dagegen aussprechen, gibt es keine Maßnahmen auf Bundesebene." Auch das Österreichische Ökologie-Institut fordert den Erlass einer rechtlich verbindlichen Regelung und legistische Maßnahmen mit Sanktionsmöglichkeiten zur Stärkung von Mehrweggetränkeverpackungssystemen im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel.

Universitätsprofessor Gerhard Vogel, Vorstand des Instituts für Technologie und nachhaltiges Produktmanagement der Wirtschaftsuniversität Wien, kritisiert bei der Gelegenheit den mangelnden umweltpolitischen Mut in Österreich. Sein Vorschlag lautet: "Da der österreichische Lebensmittelhandel durch seine Konzentration den größten Einfluss auf das Marktangebot hat, ist nach meiner Meinung hier der Hebel anzusetzen. Wir brauchen ein gesetzlich verankertes Instrument, das im Bereich des Handels für die Konsumenten österreichweit ein Mehrweganteilanteil von zumindest 30 Prozent sichergestellt wird." Dazu sei, so Vogel, beispielsweise ein "Öko-Pfand-Modell" geeignet, das den Handel in die Pflicht nimmt. (Julia Schilly, derStandard.at, 7. Juni 2011)