Überraschend war an der Rede von Benjamin Netanjahu vor dem US-Kongress höchstens, mit welchem körperlichen Einsatz die Volksvertreter - aufstehen, klatschen, niedersetzen - ihrem Gast huldigten. In "God's Own Country" muss der israelische Premier niemanden davon überzeugen, dass, was in der Bibel steht, im 21. Jahrhundert politische Konsequenzen haben muss. Auch wenn dadurch das israelische Argument, es gehe immer nur um die Sicherheit und um nichts als die Sicherheit, etwas entwertet wird.

Was von Netanjahu erwartet werden könnte, ist, dass er seine Vorstellungen, wie seine "schmerzhaften Zugeständnisse" territorial aussehen sollen, auf den Tisch legt. Alles andere ist wertloser Friedensschmus. Erst dann werden die Partner Israels wissen, ob sich der Versuch überhaupt noch lohnt, die Palästinenser weiter zu Verhandlungen zu drängen und sie davon abzuhalten, in der Uno Zustimmung für eine palästinensische Unabhängigkeit zu suchen.

Auch die kritischen israelischen Kommentatoren sind der Meinung, dass diese Entwicklung nach der Netanjahu-Rede nicht aufzuhalten sein wird und dass, trotz der Ovationen im Kongress, die politische Bereitschaft in den USA schwindet, Israels Standpunkt durchzudrücken. Die palästinensische Staatsgründung unilateral voranzutreiben ist schlecht - einfach weil ausgehandelte Lösungen immer besser sind -, aber vielleicht gibt es keinen anderen Weg. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.5.2011)