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Rund 40 Prozent der schweizerischen Stromerzeugung stammen aus den fünf Atomkraftwerken Beznau I und II, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt (Bild)

Foto: Reuters/Christian Hartmann

Bern - Die Schweiz soll nach dem Willen der Regierung aus der Atomenergie aussteigen. Sie hat sich dafür ausgesprochen, dass die bestehenden Atomkraftwerke am Ende ihrer Betriebsdauer nicht ersetzt werden.

Die Regierung geht dabei von einer Betriebsdauer von 50 Jahren aus. Das erste AKW müsste demnach 2019 vom Netz, das letzte 2034.

Umwelt- und Infrastrukturministerin Doris Leuthard sagte am Mittwoch Nachmittag vor den Medien: "Das Ganze wird nicht einfach. Es geht nicht zum Nulltarif. Aber langfristig lohnt sich das."

Nach der Atomkatastrophe von Fukushima sei an einen Ausbau der Atomkraft nicht mehr zu denken. Vielmehr müsse man nun auf verstärkte Einsparungen setzen, den Ausbau der Wasserkraft und der neuen erneuerbaren Energien fördern und, wenn dies nicht reiche, auf Gaskombikraftwerke und Strom-Importe ausweichen. Ein sofortiger Ausstieg aus der Atomkraft wäre aber nicht realistisch, so Leuthard weiter.

"Stromrappen"

Die Regierung setzt beim Ausstieg aus der Atomenergie auf einen Mix aus zahlreichen Maßnahmen. Wie sie in ihren Medieninformationen schreibt, lässt sie prüfen, ob sie für den auf zwei bis vier Milliarden Franken (3,25 Mrd. Euro) veranschlagten Umbau der Stromversorgung eine Förderabgabe beziehungsweise einen Stromrappen einführen will. Konkrete Vorschläge dazu will die Regierung im Herbst vorlegen.

Gemäß der Ausstiegsstrategie der Regierung muss die Schweiz in den nächsten Jahren vor allem auch Strom sparen. Laut heutigen Prognosen steigt die Stromnachfrage bis ins Jahr 2050 auf jährlich rund 90 Milliarden Kilowattstunden (2010: rund 60 Mrd. kWh).

Die Regierung will diesen Trend mittels Effizienzmaßnahmen brechen. Ziel sei, den Stromverbrauch einigermaßen zu stabilisieren, sagte Energieministerin Doris Leuthard vor den Medien in Bern.

Die Regierung möchte dazu unter anderem die Mindestanforderungen für Geräte verschärfen, Bonus-Malus-Mechanismen einführen sowie die Informationskampagnen der Energie-Sparagentur EnergieSchweiz ausbauen.

Gleichzeitig will die Regierung das Stromangebot verbreitern. Die Regierung will dabei vor allem auf den Ausbau der Wasserkraft und der erneuerbaren Energien setzen. Dazu dient in erster Linie die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV).

Wärmekraftkopplung soll ausgebaut werden

Es brauche aber auch einen Ausbau der fossilen Stromproduktion. Hier steht aber für die Regierung nicht der Bau von Gaskombikraftwerken im Vordergrund, sondern die Stromproduktion durch Wärmekraftkopplung. An den klimapolitischen Zielen wolle sie festhalten, schreibt die Regierung in den Medienunterlagen.

Damit die Stromversorgung mit diesem Strommix überhaupt funktionieren kann, will die Regierung die Stromnetze ausbauen. Dazu brauche es sogenannt intelligente Netze, die eine Optimierung des Stromsystems ermöglichten. Das Schweizer Netz müsse dazu optimal an das europäische Netz sowie an das künftige europäische "Supergrid" angebunden werden.

Noch dieses Jahr strebt die Regierung in diesem Zusammenhang den Abschluss der Strom-Verhandlungen mit der EU an. Außerdem soll die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern ausgebaut werden.

Zur Unterstützung des Umbaus des Energiesystems will die Regierung auch die Energieforschung verstärken. Dazu sollen die Aktivitäten der Eidgenössischen Technischen Hochschulen und in den Fachhochschulen überprüft sowie die Zusammenarbeit zwischen Forschung, Wirtschaft und Verwaltung verstärkt werden. Für Pilot- und Demonstrationsanlagen will der Bund die nötigen Mittel zur Verfügung stellen.

Ganz allgemein soll die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen. Bund, Kantone, Städte und Gemeinden sollen ihren Eigenbedarf an Strom und Wärme weitgehend durch erneuerbare Energien decken. Auch die Wirtschaft wird aufgefordert, Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs zu treffen.

(APA/sda)