Wien  - Es sind "Prototypen der Moderne", die derzeit in der Möbelsammlung des Wiener MAK gezeigt werden. Im Rahmen der "Industriemöbel"-Ausstellung sind  , bis 30. Oktober Arbeitstische, Wandschränke und verschiedene Hocker zu sehen, die eins gemeinsam haben: Sie wurden speziell für bestimmte Arbeitsvorgänge in Fabriken erzeugt und stellen somit den Inbegriff der Funktionalität dar. Immer mehr halten diese Gegenstände Einzug in den privaten Wohnbereich: "Wo früher zehn Leute gearbeitet haben, wird heute gepflegt gegessen", erklärte Kurator Sebastian Hackenschmidt.

"Vielleicht ist es für viele überraschend, in einem Museum so einfache und heruntergekommene Möbel zu sehen," bemerkte Hackenschmidt. Laut dem Leiter der MAK-Studiensammlung Möbel gibt es aber zwei wesentliche Gründe, sich mit dem Phänomen Industriemöbel zu beschäftigen: Einerseits die Umpolung der ästhetischen Anschauung ab Ende des 19. Jahrhunderts, was sich im Funktionalismus niederschlagen sollte, sowie eine heute spürbare Nostalgie bezüglich industriell gefertigter Objekte. "Es gibt viele Galerien, vor allem in Frankreich und Deutschland, die so etwas verkaufen."

Man kann es sich auch durchaus vorstellen, dass einige dieser aus Eisen gefertigten Wandkästen, Registerschränke oder gusseisernen Tische, die "aus bestimmten Bedürfnissen heraus entwickelt worden sind", in einem Innenstadtloft neben Designlampen oder Plasmafernsehern ihren Platz finden könnten. Während die gezeigten Objekte aber deutlich von Gebrauchspuren gezeichnet sind und teils noch Blätter mit Arbeitsanweisungen oder Feuer-Gefahr-Schilder aufweisen, werden sie für eine neue Verwendung meist bearbeitet und von ihrer "typischen Patina" befreit, so Hackenschmidt: "Es werden neue Möbel daraus gemacht, und die müssen im wesentlichen sauber sein. Dass damit die Arbeit, die sich darin manifestiert, geleugnet wird, ist fast zynisch."

Die Exponate stammen großteils von vier heimischen Industriebetrieben: der mittlerweile abgerissenen Kromus-Fabrik in Wien, dem Eisenwerk in Sulzau-Werfen, der stillgelegten Glanzstofffabrik in St. Pölten sowie dem Eternitwerk in Vöcklabruck. Dabei finden sich ebenso Stühle oder Arbeitsflächen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert wie bis vor kurzem noch im Einsatz befindliche Hocker, "die wir manchmal den Arbeitern unterm Hintern weggezogen haben", so Hackenschmidt.

Laut Martina Kandeler-Fritsch, die noch die interimistische Leitung des MAK innehat, kennzeichne die ausgestellten Objekte "eine spartanische Strenge". Dass diese "vor Ort in Eigenbau gefertigten Massenprodukte" heute zum Teil Sammlerstücke und "Ausdruck eines individuellen Lebensstils" sind, sei ihr zufolge eigentlich ein Widerspruch zur ursprünglichen Verwendung. Darin lasse sich auch eine Relativierung im Designanspruch erkennen. (APA)