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Alle Gesundheitsdaten auf einen Klick: Für Verfassungsjurist Heinz Mayer eine Einschränkung der Grundrechte. Laut Gesundheitsministerium entspricht das Gesetz aber durchaus den EU-Vorgaben.

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Wien - Der Gesetzesentwurf für Elga, die elektronische Gesundheitsakte, ruft die Ärztekammer auf den Plan: Sie beauftragte den Verfassungsjuristen Heinz Mayer damit, ein Gutachten zu dem Entwurf zu erstellen - und der Befund, der dem Standard vorliegt, fällt ziemlich drastisch aus: Aus verfassungsrechtlicher Sicht führe der Gesetzesentwurf "zu einer massiven Berührung des Rechts auf Datenschutz" .

Das Gesetz beinhaltet die Möglichkeit zum Opting-out - soll heißen: Wer nicht will, dass verschriebene Medikamente und Befunde elektronisch dokumentiert werden, der muss das extra deponieren. Für Mayer eine "erhebliche Einschränkung des Grundrechtsschutzes. (...) Durch welches wichtige öffentliche Interesse das auf diese Weise ausgehöhlte Selbstbestimmungsrecht gerechtfertigt werden kann, ist nicht erkennbar", heißt es in dem Gutachten. Vor allem bei psychisch beeinträchtigten Patienten könne die Wahrung der Grundrechte nicht sichergestellt werden.

Der Verfassungsjurist kritisiert weiters die Definition von "Gesundheitsdaten" . Laut dem Gesetzesentwurf zählen dazu auch "die gesundheitsrelevanten Lebensgewohnheiten und Umwelteinflüsse" . Diese Bestimmung sei "uferlos und wegen ihrer mangelnden Präzisierung verfassungswidrig" . Diese Einflüsse fänden sich im gesamten Privat- und Familienleben, die Daten zu verwenden "stellt den gläsernen Mensch her" .

Datenschutz sei Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) selbstverständlich ein großes Anliegen, heißt es dazu aus dessen Ressort, man habe sich beim Gesetzestext an die EU-Datenschutzrichtlinie gehalten und rechne daher nicht mit verfassungsrechtlichen Problemen. Grundsätzlich hat sich Stöger mit Elga eine Optimierung der Behandlungsprozesse zum Ziel gesetzt, außerdem soll ein "wesentlicher Beitrag zur Sicherung der Finanzierung des österreichischen Gesundheitssystems" geleistet werden - so ist es im Vorblatt des Gesetzesentwurfs festgehalten. "Es mag durchaus sein, dass die Teilnahme an Elga zu Kostenersparnis führt", räumt der Verfassungsjurist Mayer in seinem Gutachten ein; ein besonderes öffentliches Interesse an schutzwürdigen Daten rechtfertige dieses aber seiner Ansicht nach nicht.

Ärztevertreter äußerten schon mehrfach ihre Bedenken zu Elga. Für ungeklärt halten sie etwa die Frage, ob Ärzte für Behandlungsfehler haftbar sind, die entstehen, weil Patienten gewisse Krankheiten nicht in ihrer elektronischen Gesundheitsakte vermerkt wissen wollen. Dies ist möglich, wenn Diagnosen das Risiko "sozialer Stigmatisierung" bergen, beispielsweise bei HIV-Patienten. Ein Sprecher Stögers beschwichtigt: Elga ersetze keineswegs das Arzt-Patienten-Gespräch, sondern solle es unterstützen; den Patienten müsse außerdem klar sein, dass es ein Risiko sei, bestimmte Diagnosen nicht elektronisch dokumentieren zu lassen.

Alle Gesundheitsdaten auf einen Klick: Für Verfassungsjurist Heinz Mayer eine Einschränkung der Grundrechte. Laut Gesundheitsministerium entspricht das Gesetz aber durchaus den EU-Vorgaben. (Andrea Heigl, STANDARD-Printausgabe, 25.5.2011)