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Notare beglaubigen Dokumente oder Verträge. Sie üben aber keine "öffentliche Gewalt" aus, findet der EuGH. Deshalb ist eine Beschränkung des Berufs auf österreichische Staatsbürger nicht zulässig.

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Dass sich in der Praxis viel ändert, ist trotzdem ziemlich unwahrscheinlich.

Luxemburg/Wien – Die EU-Kommission hatte Österreich schon seit Jahren im Visier. Dass hierzulande nur Österreicher den Beruf des Notars ergreifen dürfen, wurde als klarer Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit – eine der Grundfreiheiten in der EU – gewertet. 2007 wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, nun hob der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Zugangsbeschränkungen für Notare auf (wie auch in fünf anderen Ländern). Eine Beschränkung sei nicht erlaubt, weil die Notariatsarbeit nicht "mit der Ausübung öffentlicher Gewalt" verbunden sei.

Aber auch wenn Österreich wegen "verbotener Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit" verurteilt wurde, dürfte sich in der Praxis wohl wenig ändern. Wie das möglich ist? Die Erklärung dafür liegt bei den Hürden, die genommen werden müssen, um Notar werden zu können.

Zum ersten muss man laut Notariatsordnung österreichisches Recht studiert haben. Bevor man die nötigen Notarsprüfungen ablegen kann, braucht man zweitens sieben Jahre Berufserfahrung in Österreich. Nur ein Jahr Auslandserfahrung kann dabei angerechnet werden. EU-Bürger, die in Österreich Notar werden wollen, müssen also schon relativ lange im Land leben, bevor sie eine Chance auf eine Stelle haben. Wobei die Zahl der Stellen zusätzlich noch reglementiert ist. Dazu gibt es eine eigene Verordnung des Justizministeriums, die aktuell rund 500 Notarsstellen vorsieht.

Nur wenn eine Stelle frei wird, kann ein neuer Notar nachrücken. Dabei hat die Kammer ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Sie schlägt Kandidaten vor, die Ernennung erfolgt durch die Justizministerin (zuvor gibt es noch Gutachten von Landes- und Oberlandesgericht).

Keine Systemumstellung

Mit dem EuGH-Urteil ändert sich also vorerst nur, dass EU-Bürger sowie Schweizer nicht von vornherein vom Bewerbungsverfahren ausgeschlossen sind. Der Spruch der Luxemburger Richter bedeutet nicht, dass ein deutscher oder englischer Notar automatisch in Österreich tätig werden darf.

In diesem Punkt blitzte die EU-Kommission nämlich beim EuGH ab. Brüssel forderte eine Verurteilung Österreichs, weil es eine Richtlinie zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen aus anderen Ländern nicht umgesetzt hat. Der EuGH ist aber der Ansicht, dass diese Richtlinie bei den Notaren nicht anzuwenden ist.

Der Präsident der Notariatskammer, Ludwig Bittner, geht davon aus, dass der Gesetzgeber nichts an den verlangten Qualifikationen ändert. Dass sich EU-Bürger bewerben dürfen, störe ihn nicht, sagt Bittner zum Standard.

Im Justizministerium will man zwar erst nach einer Detailanalyse des Urteils entscheiden, ob man bei der Anrechenbarkeit von Qualifikationen Anpassungen vornimmt. Im Verfahren hat sich die Republik aber klar hinter die Notare gestellt. Betont wird, dass der EuGH das Erfordernis einer langen Ausbildung anerkannt habe. "Es besteht kein Grund, das System grundsätzlich umzustellen", heißt es. (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 25.5.2011)