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Ataka-Anhänger greifen Gläubige vor der Banja Bashi Moschee an

Foto: Reuters/Stoyan Nenov

Die politische Schnittmenge von Rechtsextremen muslimischer und christlich-abendländischer Provenienz ist nicht so klein, wie dieser Tage der Fall von Volen Siderov und Devlet Bahceli zeigt. Die Chefs der bulgarischen Radau-Truppe Ataka, respektive der Partei der nationalistischen Bewegung (MHP) in der Türkei teilen dieselbe Obsession, und die sitzt diesseits des Atlantiks in Washington.

Bahceli vermutet dunkle Mächte aus den USA hinter der Sexvideo-Kampagne, die nun inmitten des Wahlkampfs seine engsten Verbündeten in der Partei zu Fall brachte: der in Minnesota lebende und von Washington angeblich gehätschelte türkische Prediger Fethullah Gülen und seine Bewegung sollen die Videos verbrochen haben, aber aber auch die CIA und überhaupt die US-Regierung. Die Webseite, die Videos von Bahcelis Parteimännern mit nicht angetrauten Frauen in expliziten Situationen zeigt, stammt aus den USA, erklärte Bahceli. Auch das geheimnisvolle Auto, das lange vor dem Parteigebäude in Ankara lauerte - ein Chrysler. Dazu kommt die etwas schwierig nachzuvollziehende Vermutung der MHP, die ganze Nahostpolitik der türkischen Regierung werde auf Befehl Washingtons betrieben, Erdogan und sein Außenminister Davutoglu seien nur Erfüllungsgehilfen der USA.

Siderov wiederum hat gerade mit einer außerordentlichen provokativen Aktion den Platz als unheiliger Volkstribun der slawischen Seele bestätigt, den er nach einer längeren Pause wieder in der bulgarischen Politik einnimmt. Anhänger von Ataka griffen vergangenen Freitag Gläubige vor der Banja Bashi Moschee in der Sofioter Innenstadt an. "TsarSamuil" postete auf YouTube Videos  zur Protestaktion der Rechtsextremen, die sehr schnell außer Kontrolle geriet. Der "Tsar" scheint selbst ein Parteigänger von Ataka zu sein. Das längere Video mit dem die Wirklichkeit verdrehenden Titel "Islamists try to take over Bulgarian street but face resistance" spricht allerdings für sich selbst. Anlass für den Krawall vor der Moschee sind die Gebetsaufrufe über Lautsprecher, gegen die Siderov - mittlerweile wieder Präsidentenkandidat für die Wahlen im Herbst - schon seit Jahren Kampagne macht.

Die Moscheestürmer finden bei einem Teil der Bulgaren durchaus Verständnis (ein anderer Teil ging am Tag nach den Schlägereien zur Banja Bashi und legte Blumen nieder), noch mehr aber gefiel Siderovs Auftritt in einem Restaurant in Sofio Mitte Mai einer geneigten Öffentlichkeit: Der Ataka-Chef marschierte auf den Tisch zu, an dem US-Botschafter James Warlick speiste, und präsentierte dem diplomatischen Gast eine Rechnung über zwei Milliarden bulgarische Leva - etwas mehr als eine Milliarde Euro. Zahlen sollte die US-Regierung für fünf Jahre Nutzung zweier Militärbasen im Land. Warlick warf die Rechnung auf den Boden und soll angeblich eine finstere Ankündigung gemacht haben: "Ich werde Sie zerstören", und präzisierte auf Nachfrage Siderovs, "Die USA wird Sie zerstören."

Warlick hat - obwohl ein Karrierediplomat - in der Vergangenheit immer wieder mit lauten Kommentaren zum Stand der Demokratie in Bulgarien von sich Reden gemacht und fiel als Lobbyist für den Chevron-Konzern auf, dem er den Auftrag für die Ausbeutung von Gasreserven an der Küste Nordbulgariens verschaffen wollte. Ataka wiederum gewann 9,4 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen 2009 und hat 21 Abgeordnete, die bis vor kurzem noch die Minderheitsregierung von Regierungschef Boiko Borissov stützten. Bei der Präsidentenwahl 2006 schaffte es Siderov in die zweite Runde - ähnlich wie Jean-Marie Le Pen in Frankreich gegen Jacques Chirac. Im Herbst will das Siderov noch einmal versuchen.

Dass sich Siderov und Bahceli einmal an einen Tisch setzen, ist nicht undenkbar. Er habe ja nichts gegen Muslime, behauptet der Ataka-Chef. Und Anti-Haltungen gegen die USA, Israel, Immigranten oder die böse EU, so haben die Rechtsausleger in den christlichen Nationen Europas schon mehrfach vorexerziert, sind eine prima Gesprächsbasis.