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Trotz punktueller Kritik begrüßt Heinz Patzelt die Novelle.

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Wien - Kasernen und Militärgefängnisse, Strafvollzugsanstalten, Psychiatrien, Alters- und Pflegeheime: An all diesen Orten soll es ab Juli 2012 unangekündigt Kommissionsbesuche geben, um die Bedingungen zu prüfen, unter denen Menschen dort leben oder angehalten werden. Berichte über Praktiken, die eine Abwägung zwischen dem Recht auf persönliche Freiheit und der Notwendigkeit seiner Einschränkung mit sich bringen, sollen dem National- und Bundesrat erstattet werden. Ebenso Missstandsfeststellungen und Empfehlungen für Verbesserungen - ob es sich nun um militärische Disziplinarstrafen, Psychopharmakagaben oder Netzbetten handelt.

Eine solche beträchtliche Ausweitung der Menschenrechtskontrolle in Österreich ist durch eine Gesetzesnovelle vorgesehen, mit der das Opcat-Zusatzprotokoll zur UN-Antifolterkonvention umgesetzt wird und die am Montag in die Begutachtung geht. Der Entwurf liegt dem Standard vor.

Laut Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty in Österreich, handelt es sich "um einen sehr großen, positiven Schritt". Denn bisher wurden lediglich Orte polizeilicher Anhaltung und Wirkens geprüft, wo die Kommissionen des Menschenrechtsbeirats im Innenministerium Zutritt haben.

Künftig hingegen sollen die ausgeweiteten menschenrechtlichen Prüfungskompetenzen der Volksanwaltschaft zukommen: jener Institution, die seit 30 Jahren die öffentliche Verwaltung in Österreich kontrolliert. Der Menschenrechtsbeirat soll der Volksanwaltschaft angegliedert werden, seine Besuchskommissionen gehen in den neuen Kommissionen auf.

Damit werde der vom Opcat-Zusatzprotokoll eingeforderte "Nationale Präventionsmechanismus" gegen Folter einer Institution überantwortet, "die ihre Unabhängigkeit in der Vergangenheit praktisch unter Beweis gestellt hat", sagt Patzelt. Wenn sie aufgrund der Bestellungsmodalitäten auch "per se politisch nicht wirklich unabhängig ist".

Denn die Volksanwälte werden auf Vorschlag der drei stimmenstärksten Parteien im Nationalrat gewählt. Ändern sich die politischen Mehrheitsverhältnisse, kommen auch neue Volksanwälte in Amt und Würden: laut Patzelt keine ideale Grundlage für wirkliche politische Unabhängigkeit. "Doch in Österreich, wie es ist, stellt die Volksanwaltschaft derzeit den besten Ort für Menschenrechtskontrolle dar", meint er.

Einspruch bei Gesetzen

Vieles jedoch werde sich "erst noch einspielen müssen". Etwa die Nachhaltigkeit, mit der sich die Menschenrechtskontrolle künftig auch in der Vorbereitungsphase umstrittener Gesetze manifestieren kann. Vorgesehen ist dies. Doch die "Frage, was ganz konkret bei der nächsten Fremdenrechtsnovelle passieren wird, wenn bis zum letzten Moment Verschärfungen hineinreklamiert werden", ist laut dem Amnesty-Mann offen.

Da es Verfassungsagenden berührt, muss das neue Volksanwaltschaftsgesetz mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Die Frage, ob dies mit den Stimmen von FPÖ oder Grünen geschehen soll, liefert Eingeweihten bereits Anlass zu Spekulationen. Grünen-Integrationssprecherin Alev Korun begrüßt im Standard-Gespräch sehr, "dass Opcat auch in Österreich umgesetzt wird. Die Grünen haben lang genug dafür gekämpft."

Die Begutachtungsfrist beträgt sechs Wochen. (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 23. Mai 2011)