Beispiel für eine Anwendung von "TetGen": Ein Flugzeug und seine Umgebung werden in Tetraeder zerlegt, um die Strömungen simulieren zu können.

Illustration: WIAS

Berlin - Bei der Simulation komplexer natürlicher Vorgänge stehen Wissenschafter vor einem alten Problem: Auf der einen Seite muss das gewählte mathematische Modell genau genug sein, um überhaupt Vorhersagen zu ermöglichen - auf der anderen Seite darf es nicht zuviele Einzelfaktoren enthalten, um handhabbar zu bleiben. Soll zum Beispiel der Blutstrom durch das Herz simuliert werden, ist es für den Computer mit seinem begrenzten Speicherplatz nicht möglich, für die unendlich vielen Punkte im Innern des Herzens jeweils einen eigenen Funktionswert zu berechnen.

Eine neue Methode, räumliche Objekte in für Berechnungen geeignete Teilstücke zu zerlegen, haben Mathematiker des Weierstraß-Instituts in Berlin entwickelt. Das Software-Programm "TetGen" zerlegt den Raum in Tetraeder. "Wir versuchen, ein räumliches Gebilde komplett mit Tetraedern auszufüllen, ohne dass es Überschneidungen oder Lücken gibt", erläutert Jürgen Fuhrmann. Zunächst muss die gekrümmte Begrenzungsfläche - im obigen Beispiel etwa die Herzwand - durch ein Gitter aus Dreiecken angenähert werden. Um den Raum in Tetraeder zu zerlegen, ist es meistens nötig, neue Ecken im Innern oder auf dem Rand hinzuzufügen. Es gibt bisher allerdings noch keine Theorie, mit der sich für einen vorgegebenen Körper die Mindestzahl von Tetraedern für eine Zerlegung angeben lässt. Auch "TetGen" kann daher nur Annäherungen an eine etwaige optimale Lösung generieren.

Verbesserungen möglich und notwendig

"Wir haben das Programm immer weiter verbessert, so dass es jetzt auch kompliziertere Körper zerlegen kann", sagt Hang Si, der die erste Version des Programms an der Zhejiang-Universität in China veröffentlicht hatte. "Es gibt noch viele interessante geometrische Probleme, die gelöst werden müssen, um den Algorithmus verbessern zu können. Ein Beispiel ist die Frage, wie man ein nichtkonvexes Polyeder in eine möglichst optimale Anzahl von Tetraedern zerlegen kann". 

Mehrere Firmen haben bereits Lizenzen für die kommerzielle Nutzung von "TetGen" erworben, das inzwischen in das mathematisch-naturwissenschaftliche Programmpaket "Mathematica" integriert wurde. Im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes wird es für die 3D-Darstellung von Städten in den Niederlanden verwendet. Hang Si betont, wie wichtig es sei, dass das Programm frei verfügbar für wissenschaftliche Zwecke bleibt, um laufend kontrolliert und verbessert werden zu können. (red)