Schleichwerbung ist ein "gemeinsames Problem von Auftraggebern, PR-Agenturen und Medien", sagt Renate Skoff, stellvertretende Vorsitzende des PR-Ethik-Rates bei der Präsentation einer Studie über Schleichwerbung in Österreich. Nicht korrekt gekennzeichnete Werbung sei ein "flächendeckendes Phänomen" in der österreichischen Medienlandschaft und betreffe verstärkt Boulevard- aber auch Qualitätsmedien.

Für die Studie wurden Beiträge in der "Presse", STANDARD, "Kronen Zeitung", "Heute", "Österreich", "Kleine Zeitung", "Vorarlberger Nachrichten", "Oberösterreichische Nachrichten", "Tiroler Tageszeitung", "Niederösterreichische Nachrichten", "profil", "Format" und "Woman" analysiert, Erhebungszeitraum war Oktober 2010. Gesichtet wurden 550 Print-Beiträge, 325 davon von den Studienleiterinnen Katja Horninger, Zlatka Pavlova und Ursula Seethaler als kritisch eingestuft. Beiträge in Onlinemedien wurden nicht untersucht.

Falsche Kennzeichnung

Das Mediengesetz (Paragraf 26) sieht die Begriffe "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" als korrekte Kennzeichnung vor. In der Praxis werden aber vor allem bei Spezial-Seiten, Serien, Strecken und Sonderbeilagen Begriffe wie "Mit freundlicher Unterstützung von", "Eine Initiative von", "In Kooperation mit", "Bezahlte Sonderbeilage", "Promotion", "Dieses Special wird finanziell unterstützt von" verwendet. Beliebte "Ersatzbegriffe" sind zum Beispiel auch "Advertorial", "Promotion" oder "Information". Kritisiert wird auch, dass Kennzeichnungen "oft kaum sichtbar" seien und Kooperationspartner "unkritisch positiv" dargestellt würden.

Das größte Problem sei "die Anpassung von redaktionellen Anzeigen an das journalistische Umfeld". Oft würde sich Werbung wegen der gestalterischen Ähnlichkeit kaum von regulären journalistischen Beiträgen unterscheiden, auch wenn bezahlte Beiträge gekennzeichnet sind. Sonderwerbeformen wie Beilagen oder Themenstrecken seien vor allem dazu da, "inseratenfreundliche Umgebungen zu speziellen Themen zu schaffen", so Studienautorin Seethaler.

Meiste Schleichwerbung bei Reisen, Wellness, Essen, Trinken sowie Gesundheit

Am häufigsten kommen nicht korrekt deklarierte redaktionelle Inserate in den Bereichen Reisen, Wellness, Essen & Trinken sowie Gesundheit vor. Solche finden sich laut Studie vermehrt in der "Krone", in "Heute", "Österreich", "Format" und den "Vorarlberger Nachrichten". Problematisch seien auch Leser- oder Reiseclubs, dort werden Veranstaltungen, Bücher oder Reisen zu günstigen Konditionen angeboten. Wegen der "redaktionellen Gestaltung" würde diese Präsentationsform aber nicht primär als Produktwerbung wahrgenommen werden. 

Höhere Strafen gefordert

"Nach Meinung von Experten ist der § 26 MedienG totes Recht. Wir wollen lebendiges Recht", sagt Wolfgang Langenbucher, Vorsitzender des PR-Ethik-Rats. Seine Forderungen: Eine "Anpassung der Regelungen für die Kennzeichnung entgeltlicher Einschaltungen an die Realität", eine Erweiterung des Paragrafen 26 im Sinne einer "deutlichen" und "gut sichtbaren" Kennzeichnung, eine eigene Regelung für Medienkooperationen und einen erhöhten Strafrahmen für nicht deklarierte Werbung. 

Notwendig seien auch Richtlinien für Printmedien und elektronische Medien, sie sollen Handlungsanleitung und Orientierungshilfe bei der Umsetzung der Kennzeichnungspflicht sein. Langenbucher: "Die Konsequenz unserer Empfehlungen ist eine Novellierung des § 26 MedienG. Dazu ist die Politik aufgerufen, aber auch wir werden uns die Freiheit nehmen, weiter darüber nachzudenken." In einem Positionspapier appelliert der PR-Ethik-Rat an die PR-, Werbe- und Medienbranche, sich für eine "klare Erkennbarkeit von bezahlten Einschaltungen" einzusetzen. (red)