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Finanzlandesrat W. Sobotka verteidigt die Strategie des Landes. Andere Politiker denken über den Ausstieg aus den Fonds nach.

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Wien - Jetzt haben es Niederösterreicher und Steuerzahler schriftlich und vom Wirtschaftsprüfer testiert: Die Veranlagungen aus dem Verkaufserlös der Wohnbaudarlehen haben vor allem im Jahr 2008 massiv an Wert verloren: fast 800 Mio. Euro. Der Rechnungshof hatte die Veranlagungspolitik des Landes voriges Jahr harsch kritisiert; zwischen 2002 und 2008 sei das Planziel um knapp eine Milliarde Euro verfehlt worden.

Die Politik ging in die Offensive. Laut Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) seien die Erkenntnisse "das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind". Nun liegen neue Druckwerke vor: die Jahresabschlüsse der Land NÖ Vermögensverwaltung GmbH & Co. OG. Sie gehört über die Vermögensverwalterin Fibeg dem Land, in ihr sind die NÖ-Fonds geparkt, in denen das Geld aus den Wohnbaudarlehen steckt. Am 2. Mai wurden die Zahlen für 2008 und 2009 im Firmenbuch hinterlegt - und sie sind ernüchternd.

Der Anschaffungswert der Fonds hat laut Anlagespiegel rund 4,39 Milliarden Euro betragen. Im Krisenjahr 2008 mussten sage und schreibe 793 Millionen Euro abgeschrieben werden. Der Buchwert der Anlagen sank somit auf 3,6 Mrd. Euro. Im Jahr darauf hat die Gesellschaft, damals von Fibeg-Chef Herbert Höck und dem niederösterreichischen Spitzenbeamten Peter Kiessler geführt (auf Höck folgte der neue Fibeg-Chef Johannes Kern), ihr Engagement um weitere fast 80 Mio. Euro erhöht. Abgeschrieben wurde aber nichts, zugeschrieben auch nicht. Buchwert der Veranlagung Ende 2009: rund 3,67 Mrd. Euro. Die Zahlen für 2010 gibt es noch nicht.

Niederösterreichs Finanzchef Sobotka war zum Bilanz-Thema nicht zu erreichen. Der schwarze Landtagsabgeordnete und Wirtschaftsprüfer (Kanzlei Riedl, Pircher & Partner), Alfred Riedl, sagt, derzeit seien die Veranlagungen 3,8 Mrd. Euro wert. Riedl hatte den Rechnungshofbericht im Vorjahr als "inhaltliche Bestätigung" der "langfristigen und erfolgreichen Veranlagungspolitik Niederösterreichs" interpretiert. Das tut er auch heute noch, wie er sagt.

Vernetzte Prüfer

Zur besagten Bilanz der Landesgesellschaft wolle er mangels genauer Kenntnis nichts sagen; weder er noch seine Gesellschaft hätten testiert. Geprüft und testiert wurde die Bilanz tatsächlich von Deloitte Niederösterreich. Deren Chef und Partner war laut elektronischem Firmenbuch Compass bis 31. März Wirtschaftstreuhänder Gerhard Pircher, der Kompagnon Riedls. Pircher gehört auch die NÖ Gemeinde Beratungs & SteuerberatungsgmbH. Und Riedl war einst Partner bei Deloitte.

Wie auch immer: Im Land, und da vor allem im mächtigen Bauernbund, werden angesichts der tristen Zahlen Stimmen laut, man solle die Veranlagungspolitik ändern. Ein hoher Landespolitiker: "Wir denken über alle Varianten nach: Verkauf der Fonds, Filetierung, Anbindung an eine Bank." Gemeint: die Hypo NÖ.

Die hat derzeit aber eigene Sorgen. Vor allem rund um das (inzwischen aufgelöste) irische Vehikel Augustus, in dem mit Hilfe eines 800-Mio. -Euro-Kredits der Hypo Investmentbank faule Papiere geparkt waren. In dem Zusammenhang wird wegen des Verdachts der Bilanzfälschung ermittelt. Ein Grund dafür: Ein von den britischen Kapitalmarktexperten Henderson erstelltes Gutachten kommt zum Schluss, die Augustus-Fonds seien um 200 Mio. Euro zu hoch bewertet worden.

Auch gegen Hypo-Chef Peter Harold wird wegen Bilanzfälschung ermittelt (er bestreitet die Vorwürfe, und es gilt die Unschuldsvermutung), zudem hat die Aufsicht FMA wegen des Augustus-Kredits eine Strafe von 58 Mio. Euro angekündigt. Harold krempelt inzwischen die Bank um; die Retail-Tochter hat nun in Ex-Bawag-Manager Christian Führer ein neues Vorstandsmitglied. Harolds Vertrag steht zur Verlängerung an; das Vertrauen der FMA in ihn ist wegen Divergenzen seiner Aussagen vor Aufsicht und Staatsanwaltschaft aber enden wollend, wie es heißt.(Renate Graber, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 20.5.2011)