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Wachablöse in der Islamischen Glaubensgemeinschaft: Fuat Sanac (li.) folgt Anas Schakfeh.

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Wien - Monatelang hat sich der komplizierte Wahlmodus Bundesland für Bundesland dahingezogen - doch nun steht klipp und klar fest: In der Islamischen Glaubensgemeinschaft, deren Führungsspitze rund um das aus Syrien stammende Oberhaupt Anas Schakfeh bisher arabisch dominiert war, übernehmen nun die türkischen Muslime das Kommando.

Aus dem Urnengang gingen nämlich die erstmals antretende türkisch-muslimische Organisation Atip und die Islamische Förderation als Sieger hervor, die von österreichweit 499 Delegierten nun in den Gemeindeversammlungen - die quasi eine Art Landtage der Gemeinschaft sind - 162 beziehungsweise 152 Vertreter stellen.

Als Favorit für die Präsidentenwahl am 26. Juni wird dennoch kein Atip-Mann gehandelt, sondern jemand von der Islamischen Förderation: Fuat Sanac, 57 und Islam-Lehrer gilt als Kompromissangebot an die arabischstämmigen sowie die vom Balkan stammenden Muslime, die übrigens nur in Kärnten einen Vorsitzenden aus Bosnien stellen werden. Auch in den anderen Bundesländern werden voraussichtlich türkische Vertreter zu Chefs gekürt.

Eine Liberalisierung der Islamischen Glaubensgemeinschaft ist mit dem Machtwechsel nicht zu erwarten. Denn die Islamische Förderation, auf Türkisch "Milli Görüs" genannt und einst von dem türkischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan mitbegründet, wurde vom deutschen Spiegel schon einmal als "Vereinigung" qualifiziert, "die eine treibende Kraft der Selbstabschottung betreibt". Dazu wird beim großen Nachbarn regelmäßig über die Aktivitäten von Milli Görüs in den Jahresberichten des Verfassungsschutzes berichtet. Hierzulande dagegen scheint die Förderation im Verfassungsschutzbericht nicht auf - "und sie ist bis jetzt auch nicht strafrechtlich aufgefallen", erklärt man dazu im Innenministerium.

Insgesamt gingen von den geschätzten 500.000 Muslimen im Land übrigens nur 20.500 zur Wahl. Die Glaubensgemeinschaft begründet dies unter anderem damit, dass für die Stimmabgabe erstmals eine Registrierung sowie 40 Euro Kultusumlage fällig wurden. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD; Printausgabe, 20.5.2011)