Berlin - Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. In Deutschland leiden etwa eine Million Menschen daran. Betroffene haben ein um das Fünffache erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Um diesem vorzubeugen, erhalten sie Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen. Die bislang zum Einsatz kommenden Substanzen weisen jedoch einige Nachteile auf: Sie erfordern regelmäßige Kontrollen der Blutgerinnung und eine ständige Dosisanpassung. Auch kommt es häufig zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneien und Nahrungsmitteln. Eine neue Gruppe von Medikamenten kann die Schlaganfall¬prävention nun deutlich verbessern. Nach der Zulassung des ersten Wirkstoffs Dabigatran liegen für weitere Substanzen vielversprechende Studiendaten vor. Einen Überblick über Wirkungsweise und Vorteile der neuen Medikamente geben Experten der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) auf einer Pressekonferenz am 24. Mai 2011 in Hamburg.

Bei Vorhofflimmern können sich Blutgerinnsel im linken Vorhof, einer der vier Herzkammern, bilden. Werden diese in das Gehirn geschwemmt, kommt es zu einem Schlaganfall. Um diesem vorzubeugen, raten die Ärzte den betroffenen Patienten daher zur Einnahme von Medikamenten, die die Blutgerinnung hemmen. „Die bisher verwendeten Wirkstoffe wie Warfarin oder Phenprocoumon sind jedoch in der Anwendung umständlich. Wegen der Gefahr lebensgefährlicher Blutungen, besonders im Gehirn, muss die Blutgerinnung regelmäßig kontrolliert und die Dosis ständig angepasst werden", erklärt Joachim Röther, Erster Vorsitzender der DSG und Chefarzt der Neurologischen Klinik an der Asklepios Klinik in Hamburg-Altona. Hinzu komme, dass andere Medikamente oder Nahrungsmittel die Wirkung beeinflussen. In Deutschland habe deshalb nur jeder zweite Patient, der die Medikamente benötigt, diese auch tatsächlich erhalten.

Risiko von Hirnblutungen ist geringer

Mit Dabigatran steht nun ein neuer Wirkstoff für Patienten mit Vorhofflimmern zur Verfügung. Das Mittel wird bereits seit drei Jahren zur Vorbeugung von Thrombosen nach Gelenkoperationen eingesetzt. Es hemmt die Blutgerinnung auf andere Weise als Warfarin oder Phenprocoumon. „Eine Anpassung der Dosis und Laborkontrollen sind nicht notwendig", berichtet Hans-Christoph Diener. Der Leiter der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen ist Koautor der internationalen RE-LY-Studie, die Wirksamkeit und Sicherheit von Dabigatran zur Vorbeugung von Schlaganfällen bei Menschen mit Vorhofflimmern belegt hat. „Die Schutzwirkung ist besser als die von Warfarin und das Risiko von Hirnblutungen geringer", fasst Diener die Studienergebnisse zusammen.

Die RE-LY-Studie hat dazu geführt, dass Dabigatran offiziell zur Vorbeugung von Schlaganfällen bei Patienten mit Vorhofflimmern zugelassen wurde und im Juli 2011 in Deutschland verfügbar sein wird. Diener rechnet damit, dass weitere Mittel wie Apixaban und Rivaroxaban folgen werden. Der Wirkstoff Rivaroxaban habe sich in einer Studie zur Schlaganfallvorbeugung ebenfalls als wirksam erwiesen. Zudem kam es auch hier seltener zu Hirnblutungen als bei Einnahme von Warfarin. Für Apixaban lägen ebenfalls vielversprechende Studienergebnisse vor, so Diener. Der Experte wird die neuen Möglichkeiten der Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern auch im Rahmen einer Pressekonferenz der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft am 24. Mai 2011 in Hamburg erörtern. Die Pressekonferenz findet im Vorfeld der European Stroke Conference (ESC) statt. (red)