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Vietnamesische Marinesoldaten beobachten die ruhige See.

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Philippinische Soldaten auf der Insel Pagasa, einer von neun Inseln, die Manila beansprucht.

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Eine aufgeschüttete Landebahn auf der von den Philippinen beanspruchten Insel Pagasa.

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Ein Flugzeug der Philippinischen Luftwaffe entdeckte 1995 ein offenbar von China errichtetes Militärfort auf dem Mischief Riff, das Manila für sich beansprucht.

Foto: EPA PHOTO/AFP/ROMEO GACAD

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Grafik: APA

Die Chinesen nennen sie Nansha, die Vietnamesen Truong Sa, die Philippiner Kalayaan. Ihr Name ist aber längst nicht das Einzige, was an den international Spratly-Inseln genannten Eilanden im Südchinesischen Meer umstritten ist. Um die winzige Inselgruppe, die von China, Vietnam und Taiwan zur Gänze und von drei weiteren Nachbarstaaten zum Teil beansprucht wird, ist nach Jahren der relativen Ruhe ein lange köchelnder Streit neu entflammt. Anlassfall ist, wenig verwunderlich, eine Wahl.

Und zwar in Vietnam, wo am 22. Mai über die Neubesetzung der Nationalversammlung abgestimmt wird. Geht es nach den Plänen des KP-Regimes im fernen Hanoi, auch auf den kaum besiedelten Spratly-Inseln. China, das in den Achtzigerjahren schon einmal ein militärisches Scharmützel um die Eilande entfacht hat, reagierte mit einer scharfen Protestnote. Dabei geht es längst nicht nur um den politischen Anspruch auf die weitab vom chinesischen Festland liegenden Inseln.

Fast nur Militärs

Auf eine Fläche fünf Mal so groß wie Österreich verteilt ragen mehr als 100 Inseln, Riffe und Atolle aus dem Meer, gemeinsam haben sie eine Landfläche von der Größe Wien-Brigittenaus. Im CIA-Factbook firmieren sie als fünftkleinstes Territorium der Erde. Nicht einmal die Hälfte der Inseln ist bewohnt. In der Mehrzahl sind es Militärangehörige der Volksrepublik China, Taiwans, der Philippinen und Malaysias, die auf den schroffen Eilanden angesiedelt wurden. Brunei erhebt zwar Anspruch auf einige Inseln, hat aber keine Soldaten dorthin entsandt. Auf der Hauptinsel Itu Aba, 1,3 Kilometer lang und 300 Meter breit, leben heute 100 Menschen, allesamt Angehörige der Küstenwache Taiwans, dem die Insel 1952 per Vertrag von Taipeh zugesprochen wurde.


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Eine indigene Bevölkerung gibt es auf den Inseln heute nicht. Die salzigen Böden lassen kaum Landwirtschaft zu, einzig die Fischgewässer vor den 925 Kilometer langen Küsten versprechen reiche Ernte. In den seichten Gewässern vor den Inseln werden immense, bisher nicht entdeckte Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet, die von den aufstrebenden ASEAN-Staaten im Süden und China und Taiwan im Norden gleichermaßen begehrt werden. Und an ihrer Peripherie verlaufen bedeutende internationale Schifffahrtsrouten. "China muss protestieren, wenn Vietnam auf den umstrittenen Inseln Wahlen abhalten will. Tut es das nicht, kommt das völkerrechtliche Institut der Verschweigung zum Tragen und Pekings Anspruch erlischt", erklärt der Wiener China-Experte Gerd Kaminski.

"Königreich der Menschlichkeit"

Umstritten waren die Inseln schon immer, spätestens 1877, als der Brite James George Meads mit seinem Handelsschiff „Modeste" auf Itu Aba landete, begannen auch europäische Mächte mitzumischen. Meads errichtete auf den fast menschenleeren Inseln eine obskure Republik namens Morac-Songhrati-Meads, die Flüchtlingen aus Europa Zuflucht bieten sollte. Seine Nachkommen hielten den Spleen ihres Ahnen für exotische Staatsnamen aufrecht und riefen unter anderem ein "Königreich der Menschenrechte" aus.

1930 erreichten französische Truppen von der Kolonie Indochina aus die Insel Itu Aba. Die anrückende japanische Armee im Zweiten Weltkrieg bereitete der noblen Isolation der Briten in ihrem fernen Reich endgültig ein Ende. Seit sich die militärisch überlegenen Nachbarstaaten in den Siebzigern für die abgelegene Inselgruppe zu interessieren und ihre Ansprüche nach und nach durch Kriegsschiffe zu untermauern begannen, ist vom damaligen Utopia nichts mehr übrig.

Aktuell ist Vietnam auf zwanzig der Inseln präsent, China auf neun, die Philippinen auf acht. Im März 1988 eskalierte der Streit zwischen den heutigen Hauptkonfliktparteien China und Vietnam, bei einem Seegefecht zwischen chinesischen und vietnamesischen Kriegsschiffen kamen Matrosen beider Seiten ums Leben. "Es gibt schon seit Jahrtausenden Spannungen zwischen den Chinesen und den Vietnamesen. Heute geht es für Peking ums Prinzip, aber auch darum, dass die Spratly-Inseln schon vor Jahrhunderten von Seefahrern als letzter Außenposten Chinas im Süden betrachtet wurden", sagt China-Experte Kaminski.

Vollendete Tatsachen

Seit mehr als zehn Jahren verfolgt Peking eine Politik der vollendeten Tatsachen, verlegte Marineeinheiten auf die Inseln, ohne offiziell Anspruch darauf zu erheben. Nach US-Angaben sollen etwa 1.000 Soldaten der chinesischen Volksbefreiungsarmee auf zehn von Peking beanspruchten Inseln stationiert sein. 2005 errichtete Taiwan eine Landebahn für große Transportmaschinen auf der Insel, der Protest der vietnamesischen Regierung verhallte ungehört.

Diesmal, so scheint es, will Hanoi es dem großen Nachbarn China gleichtun - und politische Tatsachen schaffen. (flon/derStandard.at, 17.5.2011)